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DEFA-Filme auf Rezept Rezepte aus der DDR: "Das DEFA-Filmkochbuch" - Autorin Elke Pohl kombiniert Filme mit Gerichten

14.11.2018, 08:24
DEFA-Film mit Biss: „Das Feuerzeug“
DEFA-Film mit Biss: „Das Feuerzeug“ DEFA-Stiftung

Halle (Saale) - Ob „Frühstück bei Tiffany“ oder „Das große Fressen“ – Filme, in denen es ums Essen geht, gibt es reichlich. Die DEFA-Produktionen standen dem im Darstellen kulinarischer Genüsse nicht nach. Den Verlag für die Frau mit der Autorin Elke Pohl brachte das auf die Idee für ein Kochbuch der etwas anderen Art. „Das DEFA-Filmkochbuch“ kombiniert beliebte Filme mit passenden Gerichten.

Dabei serviert der Band jede Menge cineastischer Geschichte. Immerhin rund 700 Spielfilme sind in gut 40 Jahren der Ost-Filmfirma entstanden. Speisen und Getränke spielten darin zumindest eine Statistenrolle. Was der Zuschauer wohl eher unterbewusst wahrnimmt. Doch bei näherer Besichtigung erweist sich das, was in diesen Streifen auf den Tisch gebracht wird, auch als Spiegelbild der Gesellschaft und der jeweiligen Verhältnisse.

70 Jahre DEFA wäre in diesem Jahr zu begehen. Als Produktionsfirma verschwunden, lebt sie weiter in der DEFA-Stiftung. Die verwaltet den kulturgeschichtlichen so reichen Nachlass. Ein nicht zuletzt auch emotionales Erbe, fest verhaftet im kollektiven Gedächtnis von Millionen Zuschauern. Einige wesentliche dieser Filme kann man sich beim Blättern durchs Buch in Erinnerung rufen und genüsslich auf der Zunge zergehen lassen - im übertragenen wie im buchstäblichen Sinn. Können die zum jeweiligen Film vorgestellten Rezepte doch durchaus zum Nachkochen anregen.

Schlichte und deftige Gerichte im DEFA-Kochbuch

Hohe Küchenkunst wird da freilich nicht geboten. Es geht mehr ums bodenständig Deftige. Die Rezepte sind in praktikabler Kürze gehalten, geben ohne Schnickschnack und schwer zu beschaffende Zutaten auch Ungeübten Anreiz, mal wieder zum Kochlöffel zu greifen. Schlichte Küche ist dabei angesagt. Möhreneintopf etwa. So einer, wie er im Film „Die Buntkarierten“ und auch im wirklichen Nachkriegsleben die Überlebenden schlimmer Zeiten sättigte.

Nicht weniger Deftiges kam auf den Tisch in „Berlin - Ecke Schönhauser“ mit sättigender Kartoffelsuppe. In dem Halbstarken-Dramolett aus einer „Tauwetter“-Phase der jungen DDR Mitte der 50er Jahre gab der spätere Brecht-Heroe Ekkehard Schall das Pendant zu den Hollywood-Rebellen James Dean und Marlon Brando. 

Das Mysterium der Flüssigwürze Bino

Speckknödel gibt es in „Das Feuerzeug“, einem der wunderbar zeitlosen DEFA-Märchenfilme mit dem anrührend genialen Rolf Ludwig. Auch Seitenhiebe auf die Mangelwirtschaft Ost spart die Autorin nicht aus und konterkariert sie genüsslich mit dem Erfindungsreichtum der gelernten DDR-Bürger. So, wenn es um die Herstellung extra-süffigen Eierlikörs ging. Der wird in einem schon westlich-dekadent anmutenden Rezept für „Liebeseclairs mit Eierlikörfüllung“ in Kontrast gesetzt zu den kargen, ofengerösteten Weißbrotschnitten, die Eberhard Esche seiner Liebsten Renate Blume in der Christa-Wolf-Verfilmung „Der geteilte Himmel“ zubereitet.

Ganz nebenbei wird auch das Namens-Mysterium der Flüssigwürze Bino im Buch geklärt. Die Ost-Antwort auf Maggi nämlich wurde im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld Nord zusammengerührt - Bino also, aha! Als wohl kalorienreichsten DEFA-Film hat die Autorin „Der Mann, der nach der Oma kam“ ausgemacht. Aus der als „einzige Koch-, Back- und Fressorgie“ beschriebenen Komödie wird aber nur eine schnöde Spinatsuppe im Rezept weitergereicht.

Mehr als 30 bekannte Filme mit je einem Rezept dazu - da blättert man sich mit Vergnügen und auch einigem Erkenntnisgewinn durch. Legt vielleicht schon mal in Gedanken eine DVD zurecht und überschlägt, ob die Küche die Zutaten fürs passende Essen hergibt. Das so im Wortsinne anregende Buch liefert einen vergnüglichen Mix aus Filmalmanach und Erinnerungskompendium.

Die Gefühle von damals

Ein Kochbuch im strengen Sinne ist der Band ganz gewiss nicht. Viel mehr „eine kulinarisch-cineastische Zeitreise“, wie es im Text heißt. Zu lesen als sehr persönlich gehaltener Blick auf die Jahrzehnte im real existierenden anderen Deutschland, wie es sich auf der Leinwand darstellte. Verführend und anregend zur vor allem privaten Rückschau für all jene, die in diesen Zeiten dabei gewesen sind. Mit hohem Wiedererkennungswert. 

Ach ja, da war doch dieser oder jener Film, von dem man genau weiß, wann und wo man ihn gesehen hat. Die Gefühle von damals. Das Erstaunen im Nachhinein, was „die“ sich damals manchmal doch tatsächlich getraut haben, in Szene zu setzen. Und all diese tollen Schauspieler! Lebensnah, im besten Sinne ungeschminkt, ob heiter oder tragisch, wie es die Rolle hergegeben hat.  

Neben den cineastischen Protagonisten hat auch so manches überlebt im Küchen-Alltag, was in DEFA-Streifen quasi die kulinarische Nebenrolle spielte. Naturgemäß fern von elitärer Sterne-Köchelei. Mehr so Bodenständiges, Gerichte à la Oma eben. Aufbereitet à la DEFA.

Elke Pohl „Das DEFA-Filmkochbuch“, Buchverlag für die Frau, 16,95 Euro (Hier bei Amazon bestellen). (mz)