Rentendebatte bei Illner Rentendebatte bei Illner: Eine Versicherung keine Belohnung

Bettina Munimus macht sich keine Illusionen: Sie werde noch mit 70 arbeiten müssen. Die Vertreterin der „Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen“ war bei Maybrit Illner zu Gast, weil es – wieder einmal – um das bei Talkshow-Redaktionen offenbar beliebte Thema Rentengerechtigkeit ging: „Das schwarz-rote Rentenpaket – Viele Verlierer, wenige Gewinner?“ hatte man als Titel gewählt, den Anlass bot die für kommende Woche vorgesehene Verabschiedung des neuen Rentenpakets im Bundestag.
Zwei Parlamentarier saßen denn auch in der Runde, Thomas Oppermann, SPD, und Karsten Linnemann, CDU, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung. Sie hätten prima Streithähne abgeben können, aber da ihre Parteien nun zusammen eine Regierung bilden, blieb es bei Linnemanns milder Drohung, er werde nicht zustimmen, wenn es keinen Kompromiss gebe bei der Rente mit 63. Woraufhin Oppermann versicherte, man werde ausschließen, dass es die von der CDU und Wirtschaftsführern befürchtete „Frühverrentungswelle“ geben könne.
Habitus eines Oberprimaners
So verliefen die Fronten diesmal anders. Während Munimus ihre Generation als „Verlierer der Zukunft“ sah, klagte Autorin Christina Bylow: “Wo bleibt der Blick auf die Frauen?“, und Anton Börner, Präsident des Deutschen Groß- und Außenhandels, versuchte den Antagonismus zwischen Alt und Jung in der Rentenfrage aufzulösen , indem er formulierte, es gehe um eine „Investition in Gerechtigkeit“.
Aber das ist eben eine Frage des Blickwinkels, und während Oppermann etwas zu pathetisch die Mütterrente und die abschlagsfreie Rente mit 63 als „Respekt für eine außergewöhnliche Lebensleistung“ pries, sah Munimus ganz nüchtern „Klientelpolitik“ der großen Parteien, die ihr Wählerreservoir bei den Älteren sähen: Schließlich hätten bei der letzten Bundestagswahl nur noch 18 Prozent der unter 30-Jährigen ihre Stimme abgegeben.
Christine Bylow warf ein, dass 28 Euro mehr bei der Mütterrente ein „Trostpflaster“ seien, fand aber wenig Echo bei den anderen Gästen mit ihrem Hinweis auf die „Rentenkatastrophe“ bei den Frauen in diesem Land – außer bei Carsten Linnemann. Der ohnehin bisweilen mit dem Habitus eines Oberprimaners auftretende Christdemokrat beteuerte daraufhin, er komme aus einem kleinen Ort und kenne dort „viele Frauen, die sind auch glücklich“.
Immerhin wies Börner daraufhin, dass die Rente keine Belohnung, sondern den Charakter einer Versicherung habe, in die die Gesellschaft einzahle. An dieser Stelle hätte eigentlich wie in vorangegangenen Talks zum Thema der Hinweis kommen müssen, dass Beamte, Freiberufler und Parlamentarier nicht in die Rentenkassen einzahlen – aber Fehlanzeige.
Die Lage wird sich verschärfen
Stattdessen erging man sich in Spekulationen, ob die Voraussagen zuträfen, nach denen im Jahr 2030 die Rente nur noch bei 42 Prozent liege. „Aber so muss es nicht kommen“, hofft Oppermann, sich in diesem Fall mit Wirtschaftsboss Börner einig, der glaubt: „In 30 Jahren wird das Land deutlich stabiler und reicher sein“. Als einen Ausweg aus dem Dilemma sinkender Renten und wachsender Rentnerzahlen sah er die Flexibilisierung beim Eintrittsalter.
Gewerkschafter Michael Vassiliades wies auf längst bestehende flexible Vereinbarungen hin, warnte aber auch vor der Kehrseite: Arbeitnehmer könnten sich auch bedroht fühlen von einem Druck, länger zu arbeiten. Darauf gingen Börner und Linnemann lieber nicht ein. Aber dass sich die Lage verschärfen werde, wie Maybrit Illner sagte, das glaubten alle in der Runde. Weshalb Christina Bylow zusammen mit anderen Frauen schon erwogen hatte, ihre Rentenbescheide öffentlich zu verbrennen...
Die Sendung wird am Freitag um 16 Uhr auf Phoenix wiederholt.