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Frühere DDR-Kulturhäuser Frühere DDR-Kulturhäuser: Musenpaläste auf Sinnsuche

Von Günter Kowa 01.06.2005, 18:29

Halle/MZ. - In weiter Ferne liegen die Glanzzeiten der Kulturhäuser der DDR, als sie noch ihren Zweck erfüllten. Mit der Wende hat sich ihr Dasein aber nicht erledigt, auch wenn es dafür Beispiele gibt. Ostseeurlaubern steht der Anblick der ruinenhaften Gemäuer symbolhaft vor Augen, die vom gigantischen Kulturhaus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft in Zinnowitz übrig geblieben sind. Manche abgelegeneren Kulturhäuser wie in Calbe oder Ilsenburg gingen als Diskotheken auf Talfahrt. Und jüngst hat das Gezerre um das Kulturhaus in Schkopau, vormals der VEB Buna, den Eindruck einer finalen Krise bestärkt. Die Zukunft dieses Palastes für bis zu 1 000 Besucher steht in den Sternen, nachdem Fördermillionen für eine Mega-Disko vom Land mit Nachdruck zurückgefordert wurden.

Aber vor allem in den alten Industrieregionen findet sich für die Kulturhäuser immer noch ein treues Publikum. Die Betriebs-Modelle sind dabei so unterschiedlich wie die Programme. So darf man gespannt sein, wie sich die Konkurrenz zwischen dem privatisierten Bitterfelder Kulturpalast und dem nicht weit entfernten städtischen Klubhaus Wolfen entwickelt.

Mehr als drei Millionen Euro hat nach eigenen Angaben die Liegenschaftsverwaltung Preiss-Daimler Chemiepark in den Kulturpalast investiert. Für den laufenden Betrieb genügt ein Manager, der sich auf populäre Konzerte, aber auch auf Betriebs- und Schulfeste versteht. Immerhin hält man sich noch ein "Showorchester" mit acht Musikern und zwei Sängern, aber dass der Palast einst den "Bitterfelder Weg" vorgab, ist nicht mehr präsent: Fast das gesamte Archivmaterial und Kunstgut nahmen Stadt und Land in Obhut. In Wolfen reicht die hauseigene Tradition mit dem vormaligen Werkstheater der IG Farben sogar bis in die 20er Jahre zurück. Wenn auch unter dem Dach von rund 40 Vereinen, die das Haus nutzen, hält sich ein Abglanz der Zirkelarbeit, proben hier ein Chor, eine Big Band sowie ein Kinderballett.

Ihr ökonomisches Heil suchen diese wie auch vergleichbare Häuser jedoch vor allem mit einem Rezept: Volksmusik. Trotzdem bleiben die Kulturhäuser aber ein Zuschussgeschäft. Entsprechend kommt es auf das Wohlwollen der Betreiber an. Mit dem Hyzet-Klubhaus in Tröglitz bei Zeitz wurde der vormalige Leiter aus den Tagen des Hydrierwerks inzwischen Mieter bei der Zeitzer Standortgesellschaft. Die hat zwar viel in das Haus investiert, muss aber, die nahende Auflösung vor Augen, bei der Kommune, dem Landkreis und den angesiedelten Firmen händeringend darum werben, für das Klubhaus eine Betreibergesellschaft zu gründen.

In Hettstedt haben Landkreis und Stadt ein vitales Interesse am Klubhaus der Walzwerker, weil es den einzigen großen Saal bietet. Sie teilen sich die Verantwortung für den bemerkenswerten Bau, wurde er doch bereits 1949 begonnen. Es ist auch der einzige im Land, der komplett mit Schwimmbad gebaut wurde. "Objektleiter" Gerhard Hilbrecht verlässt sich wie viele andere Kollegen auf Agenturen, um Publikums-Magneten heranzuholen, aber der Zuschuss der Träger wird stetig geringer: "Notgedrungen fahren wir viel auf Verschleiß."

Da hatte Gudrun Riedel im immer noch stolz den Mansfelder Bergarbeitern gewidmeten Kulturhaus in Eisleben noch den Ehrgeiz, ihr Programm selbständig zu gestalten. Doch Frau Riedel ging kürzlich in Ruhestand und das Haus in eine ungewisse Zukunft. Der städtische Zuschuss überragt den anderer Kultureinrichtungen bei weitem und ändert doch nichts an der sinkenden Zugkraft: Es gibt für große Attraktionen keinen geeigneten Saal. Abgelegen, ist das Kulturhaus auch abgeschlagen bei zunehmender Vielfalt von Angeboten in der Innenstadt. Die Rede ist jetzt davon, dass die Stadt das Archiv und die Bibliothek ins Kulturhaus umsiedelt.

Vielleicht braucht es neue Impulse für den Mythos Kulturhaus. In Nachterstedt, in den 50er Jahren für Umsiedler aus dem Braunkohletagebau bei Aschersleben gebaut, hat die Gemeinde das Kulturhaus bis auf den 700 Plätze fassenden Theatersaal an ein Hotel verkauft. Veranstaltungen gibt es nur für lokale Anlässe. Aber Bürgermeister Uwe Pietzonka spricht davon, dass die Gesellschaft Kultur mehr denn je nötig hat, wenn auch in anderen Formen und Inhalten. Die "Lange Nacht der Poesie", die er 2004 mit befreundeten Literaten organisiert hatte, lockte immerhin 80 Leute in den kleinen Saal. Was fehlte, war Werbung. "Im November", ist er sicher, "füllen wir den großen Saal."