1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. David Lynch: David Lynch: «Spezialist für das Abseitige» feiert Geburtstag

David Lynch David Lynch: «Spezialist für das Abseitige» feiert Geburtstag

Von Barbara Munker 19.01.2011, 08:33
David Lynch wird 65 Jahre alt (FOTO: DPA)
David Lynch wird 65 Jahre alt (FOTO: DPA) dpa

Los Angeles/dpa. - Wenn David Lynch mit seiner Filmkamera, demFotoapparat oder Farbe und Pinsel auf Reisen geht, kommt dabei nieetwas Nettes und Erbauliches heraus. «Ich begebe mich am liebsten inseltsame Welten», sagte Hollywoods «Spezialist für das Abseitige»einmal über seine künstlerischen Vorlieben. Lynchs Welten sindbizarre Abgründe, dunkle Orte von Gewalt und Perversionen. Dieblutrote Linie zieht sich konsequent durch das Werk desamerikanischen Kultregisseurs, vom Erstlingsfilm «Eraserhead» bis zuseinem vorläufig letzten Kinowerk «Inland Empire». Lynch wird amDonnerstag (20. Januar) 65 Jahre alt.

Mit seinen düsteren Filmfiguren hat der Künstler dabei weniggemein. Der Schöpfer knallharter Kultstreifen wie «Blue Velvet» und«Wild at Heart» meditiert seit den 1970er Jahren nach der Lehre desMaharishi Mahesh Yogi, dem einst auch die Beatles folgten. DerFilmemacher hat eine Stiftung für «Bewusstseins-basierende Lehre undWeltfrieden» gegründet und setzt auf transzendentale Meditation alsFriedensstifter.

Als Kind sei er ein begeisterter Pfadfinder gewesen, bekenntLynch, der in einer Kleinstadt im US-Staat Montana zur Welt kam undauf dem Land aufwuchs. Von Idylle ist aber nichts zu spüren, wenn erdie bizarren Abgründe hinter der netten Fassade der Kleinstadtbürgerauf die Leinwand bannt. Schon mit seinem Debütfilm «Eraserhead»(1977) schockierte der Kunst- und Filmstudent mit Horrorszenen undsurrealen Bildern. Mit «The Elephant Man» festigte Lynch drei Jahrespäter seinen Ruf als Spezialist für abseitige Stoffe. Der Film übereinen fürchterlich verunstalteten Mann, der im viktorianischenEngland als Jahrmarkts-Attraktion vermarktet wird, wurde eininternationaler Kassenerfolg und erhielt acht Oscar-Nominierungen.

Nachdem sein teures Science-Fiction-Epos «Der Wüstenplanet» (1984)an den Kinokassen floppte, kehrte Lynch zu seinen bewährt-skurrilenStoffen zurück. «Blue Velvet», mit Isabella Rossellini alsmissbrauchte Nachtclub-Sängerin, wurde schnell zum Kultklassiker.Eine langsame Kamerafahrt in ein abgeschnittenes Ohr auf einer Wieseist nur der Vorgeschmack für Lynchs Gewaltvisionen.

Für das brutale Road-Movie «Wild at Heart» erhielt Lynch 1990 die«Goldene Palme» in Cannes. Die Kritiker begeisterten sich auch fürdie Fernsehserie «Twin Peaks», die in einem Holzfällerstädtchen imamerikanischen Nordwesten spielt. Den Thriller «Lost Highway» umeinen schizophrenen Killer unterlegte Lynch mit zwei Songs derdeutschen Hard-Rock-Band Rammstein, die er zu seinenLieblingsmusikern zählt.

Mit «The Straight Story» (1999) schuf Lynch seinen vielleicht«normalsten» Film, der eine einfache Geschichte erzählt. Ein alterMann fährt auf einem Rasenmäher-Traktor wochenlang durch denMittleren Westen, um seinen Bruder zu besuchen. Mit dem Thriller«Mulholland Drive» wagte sich Lynch im Jahr 2001 ins Großstadtrevierseiner Wahlheimat Los Angeles und holte sich ein weiteres Mal denRegie-Preis bei den Filmfestspielen in Cannes. Dem Thriller «InlandEmpire» drückten die deutschen Filmbewerter 2007 das Prädikat«Besonders wertvoll» auf. Der Streifen sei eine Herausforderung fürdie Sinne, «tiefgründig, verschlüsselt, provokant und makaber».

Genauso brutal, komplex und abstrakt wie seine Filme sind LynchsGemälde, Zeichnungen und Skulpturen. Mehr als 600 Exponate zeigte ervor vier Jahren in der Pariser Ausstellung «The Air is on Fire». Alserstes Museum in Deutschland stellte das Max Ernst Museum in Brühl2009 seine bizarren Welten vor. «Meine Bilder sind organische,brutale Komödien», sagte Lynch damals. Das Museum empfahl den Besuchder Schau erst ab 18 Jahren, Kinder und Jugendliche sollten nur inBegleitung Erwachsener kommen.

Lynch, der mehrere Jahre mit Isabella Rossellini liiert war, hataus drei geschiedenen Ehen drei Kinder. Tochter Jennifer ChambersLynch trat mit der perversen Lovestory «Boxing Helena» (1994) und demPsychopathen-Thriller «Unter Kontrolle» (2008), der von Lynchproduziert wurde, bereits in Daddys Fußstapfen.