Schäuble bringt die Rechnung: Milliarden-Sparpaket
Berlin/dpa. - Die Bundesregierung will nächstes Jahr noch vor der Sommerpause, aber nicht unbedingt vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl im Mai ein milliardenschweres Sparpaket schnüren.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der «Bild»-Zeitung (Montag): «Wir müssen das strukturelle Defizit ab 2011 um rund 10 Milliarden Euro pro Jahr verringern. Das wird schwer - aber wir müssen es schaffen. Bis Juli werden wir ein entsprechendes Paket schnüren.»
Die mittelfristige Finanzplanung ab 2011 mit konkreten Sanierungsschritten soll nach bisherigen Planungen nach der Mai- Steuerschätzung vorgelegt werden. Der Bund müsse allein für die Einhaltung der Schuldenbremse zwischen 2011 und 2016 jährlich 10 Milliarden Euro sparen, hatte Schäuble bereits am vorigen Mittwoch angekündigt. Der Finanzminister geht für den Haushalt 2011 davon aus, dass es einen Konsolidierungsbedarf von insgesamt 25 bis 30 Milliarden Euro gibt. Zu konkreten Sparplänen schwieg Schäuble.
Der stellvertretende Linkspartei-Vorsitzende Klaus Ernst forderte vom Finanzminister eine Offenlegung der Sparpläne noch vor der NRW-Wahl. «Schäuble muss seine Giftliste für den Bundeshaushalt sehr schnell offen legen, wenn er sich nicht dem Vorwurf des versuchten Wahlbetrugs aussetzen will. Die NRW-Wähler müssen im nächsten Mai wissen, was sie von Schwarz-Gelb zu erwarten haben.»
Nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) werden die Bürger mit einem Verlust an innerer Sicherheit für die schwarz-gelben Steuergeschenke bezahlen müssen. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte, das von Schäuble angekündigte Milliardensparpaket sei «nur die Spitze des Eisberges. Die Schuldenbremse zwingt auch die Länder zu drastischen Kürzungen und Einschränkungen der öffentlichen Dienstleistungen im kommenden Jahr.» Pläne für einen Stellenabbau im öffentlichen Dienst um bis zu 20 Prozent lägen bereits in der Schublade. Bereits jetzt arbeite die Polizei am Limit. Freiberg: «Noch weniger Polizei in Zukunft wird zu einer ernsthaften Gefährdung des Schutzes der Bevölkerung vor Verbrechen führen.»
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer verlangte eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern für die von Schwarz-Gelb geplante große Steuerreform 2011. «Weitere Steuersenkungen sind im Koalitionsvertrag vereinbart. Das wird ein großes Gemeinschaftswerk. Damit es gelingt, müssen Bund und Länder noch mehr miteinander reden, denn die Finanzierung müssen sie gemeinsam stemmen», sagte Bayerns Ministerpräsident dem «Handelsblatt» (Montag). Zur Gegenfinanzierung müsse es auch Sparmaßnahmen geben. «Dabei müssen alle auch über Einsparungen reden, das fängt bei Verwaltung an, hört da aber natürlich nicht auf.»
Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) ist hingegen skeptisch. «Die Debatte um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat gezeigt: Die Länder stoßen an ihre Belastungsgrenze. Das muss der Bund berücksichtigen», sagte Tillich dem «Handelsblatt». Länder wie Sachsen hätten große Anstrengungen unternommen, um ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Tillich: «Wir könnten unseren Bürgern nicht vermitteln, wenn diese Anstrengungen durch Steuerausfälle hinfällig würden. Das gilt auch für die Debatte über weitere Steuersenkungen, die im Koalitionsvertrag angelegt sind.»
Die auf weitere Entlastungen drängende FDP signalisierte den Ländern derweil Entgegenkommen. Mehrere Ministerpräsidenten hatten am Wochenende vom Bund einen höheren Anteil am Mehrwertsteuer-Aufkommen gefordert, um damit dauerhaft Bildungsaufgaben finanzieren zu können. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke, sagte dem «Handelsblatt», bei dem so wichtigen Thema Bildung müsse man über solche Lösungsansätze reden. Die Verwendung eines höheren Anteils an der Mehrwertsteuer müsse aber transparent und im Zweifel für den Bund überprüfbar sein.