Nach Entschuldigung Nach Entschuldigung: Möllemann lässt FDP nicht zur Ruhe kommen

Berlin/dpa. - Der stellvertretende FDP-Vorsitzende JürgenMöllemann lässt auch nach seinem Einlenken gegenüber Parteichef GuidoWesterwelle die FDP nicht zu Ruhe kommen. Möllemann attackiertescharf seine innerparteilichen Kritiker, namentlich die AltliberalenGerhart Baum und Hildegard Hamm-Brücher. In der Partei stieß das amFreitag auf heftige Kritik: Westerwelle missbilligte das Verhaltenseines Stellvertreters, Generalsekretärin Cornelia Pieper forderteeine Entschuldigung, Hamm-Brücher verlangte die Ablösung Möllemannsals Parteivize. In der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, der Möllemannvorsitzt, eskalierte die Führungskrise.
Möllemann, der auch Landesvorsitzender von Nordrhein-Westfalenist, hatte Baum und Hamm-Brücher als «Querulanten» bezeichnet, die«nichts beitragen zu einer positiven Entwicklung der FDP». Zugleichhatte er ihnen den Austritt aus der Partei nahe gelegt. Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff und der ehemaligeBundesinnenminister Baum verlangten von Möllemann Zurückhaltung.
In einer am Freitag in Berlin verbreiteten Erklärung begrüßteWesterwelle Möllemanns Entschuldigung vom Vortag an die Adresse allerjüdischen Menschen, missbilligte aber die nachgeschobeneEinschränkung: Möllemann hatte seinen Hauptkontrahenten imAntisemitismus-Streit, den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden,Michel Friedmann, ausdrücklich aus der Entschuldigung ausgenommen. Ineinem anderen Punkt hatte sich Westerwelle hingegen gegenüberMöllemann voll durchgesetzt: Der wegen antiisraelischer Äußerungenumstrittene Abgeordnete Jamal Karsli verließ die Düsseldorfer FDP-Landtagsfraktion.
Westerwelle rief in seiner Erklärung die Partei zum Ende derkontroversen Debatten auf. Mit Blick auf Baum und Hamm-Brüchererklärte er, er halte die Diskussionsbeiträge von Mitgliedern derälteren Generation in der FDP für «unverzichtbar». Pieper nannteMöllemanns Angriffe kindisch. «Ich finde es nicht fair und nichtschön, wie er gesagt hat, die sollten sich auf ihr Altenteilzurückziehen.» Hamm-Brücher sagte in einem dpa-Gespräch, MöllemannsAblösung sei «die einzige Chance, damit in der FDP wiederGeschlossenheit einkehrt». Niemand könne wissen, was ihm noch alleseinfalle.
Aus Piepers Sicht ist die Antisemitismus-Debatte nach MöllemannsEntschuldigung bei den jüdischen Mitbürgern aber beendet. Sie wiesdarauf hin, dass es am Dienstag ein Gespräch der FDP mit demZentralrat der Juden geben werde - ohne Möllemann.
Baum sagte der «Thüringer Allgemeinen»: «Ich kann Möllemann nurauffordern, jetzt aufzuhören.» Die schwere Krise der FDP sei nochlängst nicht ausgestanden. In einem dpa-Gespräch bezeichnete er ihnals «schlechten Verlierer». Lambsdorff forderte Möllemann auf, seinVerhalten an den Interessen der Partei auszurichten. Derniedersachsische FDP-Landesvorsitzende Walter Hirche nannteMöllemanns Verhalten gegenüber Friedman «unfreundlich» und «unnötig».Er verurteilte auch die Attacken gegen Baum und Hamm-Brücher. Derschleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef und Möllemann-VertrauteWolfgang Kubicki nannte den Parteivize dagegen «unverzichtbar».
Der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,Wolfgang Bosbach, sagte der «Financial Times Deutschland»: «HerrMöllemann ist für die Union eine Zumutung.» Er könne sich «nichtvorstellen, dass die FDP eine Koalition davon abhängig macht, dassHerr Möllemann einen Platz im Bundeskabinett erhält.»
Derweil steht die Deutsch-Arabische Gesellschaft (DAG) wegen desStreits um Möllemann vor einer Zerreißprobe. Der SPD-NahostexperteChristoph Moosbauer, der seinen Vizevorsitz wegen Möllemann bereitsruhen lässt, erwägt seinen endgültigen Rückzug aus der Organisation.Nur ein «radikaler Kurswechsel» könne das noch abwenden, damit rechneer jedoch nicht mehr, sagte Moosbauer am Freitag in Berlin.
