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Kommunalwahl im Saalekreis Wie schwer es Einzelbewerber im Wahlkampf gegen Parteien haben

Bei Kommunalwahlen im Saalekreis treten trotz Hürden Einzelkandidaten an. Welche Herausforderungen sie meistern müssen und warum sie sich keiner Partei anschließen.

04.06.2024, 10:00
Einzelbewerberin Mignon Beier tritt bei der Stadtratswahl in Bad Lauchstädt an.
Einzelbewerberin Mignon Beier tritt bei der Stadtratswahl in Bad Lauchstädt an. (Foto: Isabell Sparfeld)

Bad Lauchstädt/ Leuna/ MZ. - Die erste Hürde haben Mignon Beier in Bad Lauchstädt und Karin Schicht in Leuna gemeistert. Sie haben genügend Unterstützerunterschriften gesammelt, um sich als Kandidatinnen für die jeweilige Stadtratswahl aufzustellen. Aber während Beier ein kompletter Politikneuling ist, kennt Schicht die Kommunalpolitik als ehemaliges Parteimitglied seit Jahrzehnten. Zwei verschiedene Menschen mit dem gleichen Ziel: Der Einzug in den Stadtrat.

Bei den Wahlen zum Gemeinde- oder Stadtrat im Saalekreis versuchen insgesamt 20 Einzelbewerber ihr Glück. Sie wurden weder von einer Partei noch von einer Wählergruppe aufgestellt. Der Wahlkampf gestaltet sich als Einzelkämpfer schwieriger.

Unterschriften sammeln - anstrengend, aber nicht nur negativ

Bevor Beier und Schicht auf die Wahllisten kommen konnten, mussten sie Unterstützer sammeln. 100 Unterschriften von Wahlberechtigten ihrer Städte waren dafür notwendig. Diese Unterstützer dürfen bei keinem anderen Kandidaten unterschreiben. „Das konnte ich wirklich nur schaffen, weil ich hier recht verwurzelt bin und viele Kontakte habe“, sagt Schicht, gebürtige Leunaerin.

Beier habe damit auch keine Probleme gehabt, weil sie unter anderem durch ihre ehemalige Arbeit als Kriminalbeamtin und als Mitbegründerin einer Bürgerinitiative in Bad Lauchstädt bekannt sei. Sie habe sich kurzfristig für die Bewerbung entschieden und die Unterschriften innerhalb einer Woche gesammelt, sagt sie.

Diese Hürde betrifft laut Kommunalwahlgesetz des Landes nicht nur Einzelbewerber, sondern auch neue Wählergruppen und Parteien. Davon sind alle ausgenommen, die bereits einen Sitz im Stadt- oder Gemeinderat haben. Gewählte Abgeordnete des Landtags und des Bundestages brauchen ebenfalls keine Unterstützerunterschriften. Die Sammelaktion empfanden die Bewerberinnen nicht unbedingt als reine Belastung. „Bei den Unterstützerunterschriften konnte ich mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Das fand ich gut“, erklärt Schicht.

Einzelbewerberin Karin Schicht hat sich für die Stadtratswahl in Leuna aufgestellt.
Einzelbewerberin Karin Schicht hat sich für die Stadtratswahl in Leuna aufgestellt.
(Foto: Isabell Sparfeld)

Die größere Herausforderung seien die Kosten des Wahlkampfes gewesen, die für Parteien weniger problematisch seien. „Als Einzelkandidat hat man sicherlich nicht die finanziellen Mittel“, sagt Beier. Sie habe selbst Wahlplakate gedruckt, auf Pappe geklebt und in ihrem Ortsteil Milzau aufgehängt. Allerdings hoffe sie vor allem auf die Mundpropaganda. Auf Plakate hat Schicht aus Kostengründen verzichtet. Sie wirbt mit Postkarten. Die 64-Jährige sagt, Einzelbewerber könnten sich Sponsoren suchen. Jedoch habe sie das von vornherein für sich ausgeschlossen, weil sie sich nicht abhängig machen möchte.

Starker Wille trotz schlechter Chancen

Es stellt sich die Frage, warum Einzelbewerber den Aufwand auf sich nehmen. Beier erklärt, sie sei aufgrund der bürgerfernen Politik in Bad Lauchstädt aktiv geworden. „Es fehlt die Transparenz der Kommunalpolitik gegenüber den Bürgern“, sagt die 63-Jährige. Mit dieser Ansicht sei sie auch nicht allein. Die Rückmeldungen aus ihrem Umfeld und der Bürger bei der Unterschriftensammlung würden das widerspiegeln. Das habe sie zur Bewerbung animiert. Sie habe sich früher nicht wirklich für Politik interessiert.

Seit sie die Initiative „Industriegebiet Milzau – nein danke“ mitbegründet hat, würde sie fast jede Stadtratssitzung besuchen. Laut Beier werden Bürger von den Kommunalpolitikern vor fertige Entscheidungen gestellt, so dass sie kein Veto einlegen können. „Irgendwie muss man versuchen, sich einzubringen“, sagt sie.

Im Gegensatz dazu ist Schicht schon seit der Wende politisch aktiv. Zunächst in der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP), dann nur noch als sachkundige Bürgerin. Später hat sich die 64-Jährige über die CDU-Liste für den Leunaer Stadtrat aufstellen lassen und trat in die Partei ein bis es zum Zerwürfnis kam. Für Schicht habe es sich damit mit den Parteien erledigt. In diesem Jahr tritt sie erstmalig unabhängig bei der Kommunalwahl an.

„Ich weiß, dass es sehr schwierig ist, weil wir dieses Mal sehr viele Kandidaten sind.“ Die Chancen für den Einzug in den Stadtrat stehen laut den beiden Einzelkandidatinnen eher schlecht. Sie müssen vergleichsweise mehr Stimmen erhalten als Kandidaten in Parteien oder Gruppen.

Denn alle Stimmen, die diese bekommen, werden zusammengefasst und verteilt. Das heißt, ein Kandidat kann dort wenig Stimmen haben und trotzdem in den Stadtrat einziehen, wenn er auf einem der oberen Listenplätze steht. Einer Partei oder einer Wählergruppe würden sie trotz aller Herausforderungen nicht beitreten wollen, nur um darüber in den Stadtrat einzuziehen. Die beiden Frauen bleiben kämpferisch.