Süddeutschland Süddeutschland: Berühmte Treppe zum Stift
Halle/MZ. - Seit 25 Jahren öffnet sie jeden Morgen die Tür ihrer weinumrankten Winzerschenke, um die Tische auf der Lauben-Terrasse abzuwischen, die Holzbänke zurecht zu rücken - und einen ehrfürchtigen Blick auf die berühmteste Treppe Deutschlands zu werfen. "Es war ja nicht nur Heinz Rühmann, der hier im Film 'Wenn wir alle Engel wären' residierte", erklärt die Wirtin mit leuchtenden Augen. Auch Curd Jürgens, Maria Schell und Will Quadflieg seien von ihrer Fachwerkschenke und den 108 Stufen zum ehemaligen Karmeliter-Stift fasziniert gewesen.
Wie eine Himmelsleiter führt die berühmte Filmtreppe den 35 Meter hohen Klosterberg hinauf. Stolz und gradlinig erhebt sie sich inmitten Beilsteins, reicht über die schieferbedeckten Fachwerkhäuser, verwinkelten Gänge, Torbögen und mittelalterlichen Weinkeller des denkmalgeschützten Städtchens hinaus - um dem Betrachter einen prächtigen Panoramablick auf die Moselschleifen zwischen Cochem und Bremm zu bieten. "Willy Millowitsch stieg 1960 als 'Der wahre Jakob' so manches Mal die Klostertreppe auf und ab", schwärmt Marie-Louise. Werktags sei auf den Stufen nicht allzu viel los, aber an den Wochenenden von Mai bis Oktober könne es schon mal recht eng werden: Dann erklimmen hunderte Tagestouristen die Treppe, genauso wie es einst Conrad Adenauer, Kurt Beck und Gotthilf Fischer getan haben.
"Die Treppe war 1962 dermaßen abgenutzt, dass sie renoviert werden musste. Aber ihre 108 Stufen sind geblieben", erzählt Marie-Louise. Die Wirtin ist stolz darauf, dass Beilstein mit seinen 160 Ein-wohnern und 28 Wirtschaftsbe-trieben als kleinste Stadt Deutschlands gilt. Den mittelalterlichen Charme ihres autofreien Ortes bekommen Urlauber in den engen Fachwerkgassen genauso zu spüren wie im Kerzenlicht des Zehnthauskellers - eines uralten Weingewölbes am Marktplatz von Beilstein. Für weitere Atmosphäre sorgen die zerstörten Festungsmauern, Wehrgänge und Torbögen der oberhalb Beilsteins gelegenen Burg Metternich. "Die Ruine diente 1958 als Filmkulisse für den 'Schinderhannes' mit Curd Jürgens und Maria Schell", erklärt Marie-Louise.
Der Name Beilstein sei 1129 erstmals in den Urkunden erwähnt. 200 Jahre später habe man die Stadtrechte Heinrich VII. erhalten und einen Marktplatz in den unteren Felsen des Burghügels gemeißelt: Seine Fachwerkhäuser, die weiß getünchte Pfarrkirche und das trutzig-wehrhafte Zehnthaus wirken heute, als sei die Zeit vor 500 Jahren stehen geblieben. Als würde im nächsten Moment ein Burgfräulein mit wehendem Schleier erscheinen - oder ein Kamerateam. "Der letzte Film ist hier 1998 für die BBC gedreht worden", sagt Marie-Louise. "Es war der Historienfilm 'Vanity Fair'".
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