Marionetten-Theater Marionetten-Theater: Nie länger als eine Woche am Ort
Merseburg/MZ. - Viermal mussten die Marionetten-Spieler Antonie und Wendolin Woitschack von Bad Lauchstädt nach Merseburg und zurück fahren, um das Zelt, die ganzen Kulissen, Puppen, Hasen und Hühner her zu transportieren. Vorher haben sie freilich noch ihre beiden Kinder zur Schule gebracht.
Schließlich wechseln sie etwa 35 Mal in einer Spielzeit die Schule. Denn länger als eine Woche bleibt die Familie nicht am Ort. Viel länger würden das die Woitschacks, die sich selbst als das "einzige fahrende Marionetten-Theater Deutschlands" bezeichnen, vermutlich auch gar nicht aushalten. Selbst im Winter ziehen sie umher. "Wir hatten mal ein Haus, aber das war nichts für uns", erzählt Antonie Woitschack, deren Heimat im Havelland liegt. Das Herumreise-Gen liegt schließlich in der Familie, 300 Jahre wird schon gespielt, sie selbst sind bereits die achte Generation. Das Paar erweckt seit 35 Jahren die einhundert Puppen zum Leben und spielt mit Vorliebe Grimms Märchen, zur Premiere in Merseburg gab''s "Rumpelstilzchen". Und Geschichten vom Räuber Hotzenplotz stehen derzeit auf dem Programm.
Die 80 Zentimeter großen Marionetten haben bis zu zwölf Fäden, mit denen jedes Körperteil möglichst naturgetreu bewegt wird. Eine Puppe wiegt sechs Kilogramm. Das lässt ahnen, was die Künstlerin meint, als sie von "Schwerstarbeit" redet, wenn sie von ihren Auftritten spricht. Antonie Woitschack hat einen hohen Anspruch: "Stimme und Bewegung müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein." Weil jeder unterschiedliche Figuren spielt, braucht er auch drei oder vier Stimmen, die alle verschieden klingen.
Und beim Spielen müssen sie auch noch auf die Hühner, Kaninchen und Tauben acht geben, die mit auf der Bühne sind. Keine aus Holz oder Pappmaché etwa, nein, echte. "Damit alles lebendiger wirkt", sagt die 52-Jährige, die außer Anna und Renado noch zwei längst erwachsene Kinder hat. Dass bei den Gebrüdern Grimm im Original-"Rumpelstilzchen" keine Kaninchen durch das Märchen hoppeln, ist den Woitschacks egal. Soviel künstlerische Freiheit muss sein. Wird es eine neunte Puppenspieler-Generation geben? Die neunjährige Anna begrüßt am Anfang jeder Vorstellung zumindest schon immer die Gäste... Vorstellungen gibt es bis einschließlich Sonntag jeweils 15 Uhr, Samstag und Sonntag zusätzlich 11 Uhr auf der Rischmühleninsel. Die Karten kosten acht Mark. Vorbestellungen sind unter der Telefonnummer 0173/43 29 997 möglich.