Leichtathletik-WM Leichtathletik-WM: David Storl holt Weltmeistertitel

Daegu/MZ. - Der Urschrei der Begeisterung, den David Storl nach seinem letzten Versuch im Stadion zu Daegu von sich gab, war vermutlich bis in seine Heimatstadt Chemnitz zu hören. Die 7,257 Kilogramm schwere Kugel landete nach 21,78 Metern. Der 21-Jährige war nun der jüngste Kugelstoß-Weltmeister aller Zeiten und der erste deutsche noch dazu.
Mit diesen Superlativen konnte der abgeklärte Jüngling wenig anfangen, aber "megastolz" sei er natürlich auf seinen ersten großen Titel. Als sein Sieg feststand, lief er zu seinem Trainer Sven Lang und wusste nicht recht, ob er sein Kindergesicht nun zum Strahlen oder doch lieber zum ungläubigen Staunen bringen sollte. Mit einer schwarz-rot-goldenen Fahne ging es dann zu Ralf Bartels, seinem Teamkollegen, der Zehnter geworden war, und ließ ihn mit unter die Flagge schlüpfen - zum Dank für mentale Beihilfe zum Gold.
Bartels, der vor zwei Jahren in Berlin mit seinem letzten Stoß Bronze gewonnen hatte, hatte den entscheidenden Tipp geben. "Er hat mich nach dem Geheimnis des letzten Versuchs gefragt, und ich habe ihm was gesagt", berichtete der 33-Jährige, wollte aber nicht damit rausrücken, was das war. Storl verriet: "Er hat gesagt, bleib locker und glaube an dich!"
"Aber an eine Medaille habe ich vor dem Finale nicht gedacht", sagte Storl, der mit seinen vergleichsweise bescheidenen 1,98 Metern Körpergröße und 126 Kilo Gewicht im Kreis der Kugelstoß-Bären wirkt wie ein Leichtgewichtsringer in einer Sumo-Schule. "Ich würde gern mehr wiegen", sagte Storl etwas bekümmert, "aber das ist nicht so einfach." Vier Kilo habe er in den letzten Monaten zwar zugenommen, "aber das war ziemlich schwierig, ich musste unheimlich viel essen." Die fehlende Masse gleicht er locker durch Technik aus. "Ich versuche meine Stöße durch Geschwindigkeit weit zu machen", teilte er mit. Storl beherrscht es.
Seine Karriereplanung muss David Storl nun ein bisschen modifizieren. In Daegu unter die ersten Sechs, bei Olympia 2012 mal schauen, was so geht, danach die ersten Medaillen anstreben, das sei sein Plan gewesen. Jetzt ist er in London "der Mann, den es zu schlagen gilt", wie der Zweitplatzierte Dylan Armstrong konstatierte. "Er wird sicher ein großer Champion", sagte der Kanadier.
Das Zeug zum Champion hat eigentlich auch Christina Obergföll. Sie allerdings fiel nach dem Speerwurf-Finale leichenblass ihrem Freund Boris Henry in die Arme. Wenig später flossen Tränen bei der 30-Jährigen, die zum sechsten Mal ausgezogen war, um endlich das erste Gold in einem großen Titelwettstreit zu gewinnen. Doch wie zuletzt bei der WM 2009 in Berlin gab es nur Blech.
Erneut scheiterte sie an ihren Nerven. "Schon mein erster Wurf war nichts. Dann wurde mir der Stecker gezogen. Alles war weg. Es tut mir leid", sagte Obergföll. Ihre 65,24 Meter reichten bei weitem nicht. Die russische Olympiazweite Maria Abakumowa triumphierte mit 71,99 Metern. Tschechiens Olympiasiegerin Barbora Spotakova kam als Zweite auf 71,58 Meter. "Ich beneide die beiden heute", sagte Obergföll.