1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Einsame Insel im Osten Kanadas: Neufundland

EIL

Einsame Insel im Osten Kanadas: Neufundland

Von Ulrike von Leszczynski 28.06.2007, 13:47

St. John's/dpa. - «Vergiss alles, was du über das Wetter weißt.» Ganz nebenbei fällt dieser Satz, beim Anblick von Schneeresten und Eisschollen im Mai, irgendwo auf einer Schotterpiste in Neufundland.

Es ist ein Satz aus Annie Proulx' Roman «Schiffsmeldungen», der Neufundland einem großen Lesepublikum bekannt gemacht hat. «The Rock» nennen die Neufundländer ihre Insel, schlicht und einfach Felsen. Es gibt bitterkalte, lange Winter und kurze Sommer, die es in den wärmsten Monaten kaum über 16 Grad Durchschnittstemperatur schaffen. Wo der warme Golf- und der kalte Labradorstrom sich so nahe sind, entstehen selbst im Hochsommer schnelle Wechsel aus Nebel, Regen, Sturm und Sonnenschein. Die Insel mit ihren mehr als 9000 Kilometern Küstenlänge ist ein Ziel für Wanderer, Camper oder passionierte Golfspieler.

Neufundlands Küsten mit ihren reichen Kabeljau-Beständen waren so überfischt, dass die kanadische Regierung Anfang der neunziger Jahre ein Fangverbot erließ. Das Gesetz wirkte wie ein Schock, und eine Auswanderungswelle folgte. Nach und nach führte der Schock aber auch zu einer Öffnung der abgelegenen Insel: für einen sanften Tourismus.

Wer mit einer kleinen Propellermaschine in der Hauptstadt St. John's startet, landet nach einer Stunde Flug im Städtchen Deer Lake. Es ist ein guter Ausgangspunkt für den größten Nationalpark der Insel, Gros Morne. Hier ragen die Tablelands in die Höhe, schwermetallhaltige Berge, die vor 450 Millionen Jahre beim Zusammenstoß der nordamerikanischen und kontinentalen Platte in die Höhe gedrückt wurden.

Die beliebteste Attraktion des Nationalparks sind seine mehr als 8000 Elche. Einige sind so zutraulich, dass sie an den Straßenrändern grasen. Erst 1904 wurden wieder einige Elche aus der Nachbarprovinz Nova Scotia auf Neufundland angesiedelt, berichten Harold und Maggie Chambers in ihrer Frühstücks-Pension «French Island» im Dörfchen Flowers Cove. Was heute zu Tausenden über die Insel stakst, das seien alles Nachkommen dieser wenigen Tiere.

Wer bis an die Nordspitze der Insel fährt, vorbei am Wikingerdorf von L'Anse aux Meadows, hat ein besonders Ziel: das Lighthouse Inn, ein kleines Hotel im alten Leuchtturmwärterhaus auf der vorgelagerten Insel Quirpon Island. «Es ist die Stille, die die Menschen hierher lockt», sagt Pächterin Doris Roberts. Am Fuß des Leuchtturms fließen der Lorenzstrom und der Atlantik zusammen. Wale, Robben oder Seevögel lassen sich oft sehen.

Auf der langen Fahrt an die Ostküste Neufundlands wird es spürbar wärmer. Auch die Landschaft wirkt lieblicher als im rauhen Norden. Rund um Twillingate mit seinen vorgelagerten Inseln fühlt sich der Besucher bald in eine schwedische Schärenlandschaft versetzt. Ein zweiter Nationalpark, Terra Nova, lädt auf dem Weg zur Hauptstadt St. John's zum Kanufahren ein.

Die kleine Hauptstadt St. John's mit ihren knapp 10 000 Einwohnern bietet sich als Start- oder als Endpunkt einer Entdeckungsreise durch Neufundland an. Bunte Holzhäuschen, lila, grün, rot oder gelb gestrichen, reihen sich wie in einem Spielzeugland auf steilen Hügeln aneinander. Die Cafés und Restaurants bieten eigenwilliges Interieur und schmackhafte Speisen.

Auf dem Felsen über der Meerenge vor St. John's hat der Tüftler Guglielmo Marconi 1901 die ersten drahtlose Funksignale über den Atlantik geschickt. Etwas weiter im Süden Neufundlands empfing ein Leuchtturmwärter elf Jahre später als erster den SOS-Morsecode der sinkenden «Titanic». Es war eine Zeit, in der das abgelegene Neufundland für wenige Tage im Mittelpunkt des Weltinteresses stand.

Informationen: Canadian Tourism Commission, Benrather Straße 8, 40213 Düsseldorf

Canadian Tourism Commission: www.travelcanada-germany.de