Champions-League-Test RBL gegen Bayern Champions-League-Test RBL gegen Bayern: Wie ein Jahrhundertkampf im Schwergewichtsboxen
Leipzig - „Deutscher Vize-Meister R-B-L“ und „Europapokal – Leipzig international“ hallte es über den Platz. Nicht etwa am Samstag, beim Prestige-Duell gegen den FC Bayern, die Szenen spielten sich am Sonntagmittag an den Trainingsplätze von RB Leipzig am Cottaweg ab. Unter dem Applaus und den Gesängen von etwa 200 Fans, die zum morgendlichen Auslaufen gekommen waren, betrat RB Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl als Erster den Rasen. Nach dem furiosen 4:5-Torspektakel gegen den FC Bayern München bedankte sich der Trainer ebenso wie die Mannschaft noch etwas müde für den aufmunternden Empfang.
Doch wie am Vorabend bei der Feier auf der Festwiese vor 18.000 Fans war die Stimmung im Team verhalten bis ratlos. Zu groß war die Enttäuschung darüber, den 4:2-Vorsprung durch drei Tore der Münchner in den letzten zehn Minuten noch verspielt zu haben. Ersatzkapitän Diego Demme gab zu: „Wir wissen selber noch gar nicht, wie wir damit umgehen sollen.“
In einem so offenen und aufregenden Schlagabtausch wie bei einem Jahrhundertkampf im Schwergewichtsboxen hatte der Newcomer lange ausgesehen wie der sichere Sieger; Routinier Bayern München schien nach dem demütigenden 4:2 durch Timo Werner per Beinschuss gegen Bayerns Ersatzkeeper Tom Starke (65.) geschockt und drohte, vorzeitig K.o. zu gehen. Doch am Ende waren es doch die Münchner, die die Leipziger kurz vor dem letzten Gong auf die Bretter schickten. Ein epischer Schlagabtausch völlig ohne Fesseln, der so wohl nur zustande kommt, wenn beide Teams frei aufspielen können und dennoch jede Menge Prestige im Spiel ist.
RB-Trainer Hasenhüttl: „Ein bisschen zu blauäugig“
Nachdem RB 80 Minuten lang fast alles richtig gemacht hatte – mit 43 Prozent Ballbesitz vor allem die optimale Balance zwischen Ballbesitz- und Konterspiel gefunden hatte – fasste Hasenhüttl die letzten 15 Minuten so zusammen: „Viele Freistöße gegen uns, die man schwer verteidigen kann, ein Schuss in den Winkel, der nicht zu halten ist, eine Nachspielzeit, die wir bis jetzt in dem Stadion noch nicht hatten und die Qualität des Gegners, der unsere Fehler ausgenutzt hat.“ Sein Team sei „nicht mehr so in die Zweikämpfe gekommen, wir haben sie nicht mehr stoppen können“, bekannte der Österreicher selbstkritisch.
Doch Hasenhüttl war nach eigenen Angaben nur wenige Minuten über das Ergebnis verärgert. „So ein Spiel, in dem es auf und ab ging, eine Chance nach der anderen, Pfostenschuss hier, Tor da, das war unglaublich, Spektakel pur“, schwärmte der Fußballlehrer. „Auch ohne Punktgewinn ein unglaubliches Erlebnis.“
Sportdirektor Ralf Rangnick hatte das Match zuvor als ersten Champions-League-Test ausgerufen. Und auch wenn beide Teams ein Spiel in der „Königsklasse“ nie und nimmer derart enthemmt offensiv angehen würden, konnte RBL in der Tat einiges für die neue Saison lernen. „Auf diesem Niveau ist ein Zwei-Tore-Vorsprung eine Viertelstunde vor Schluss eben nicht gleichzusetzen mit Punktgewinn“, mahnte Hasenhüttl. „Da sind wir noch ein bisschen zu blauäugig.“ Vor dem Hintergrund, dass Bayern-Präsident Uli Hoeneß RB unter der Woche empfohlen hatte, erfahrenere Spieler zu holen, war das durchaus spannend.
Lob für RB Leipzig von Bayerns Trainer Carlo Ancelotti
RB aber kann dem großen FCB Paroli bieten - das war auch eine Erkenntnis. Bayerns Trainer Carlo Ancelotti prophezeite für seine Verhältnisse beinahe überschwänglich: „Für RB Leipzig ist es nur der Start einer fantastischen Periode, weil die Mannschaft jung und sehr motiviert ist.“ Und Kollege Hasenhüttl meinte: „Wir haben gezeigt, dass wir viel näher herangerückt sind. Gleich am Anfang alles zu bekommen, muss nicht sein. Vielleicht war es ganz gut, dass wir jetzt noch nicht gegen Bayern gewonnen haben.“
Noch nicht. (mz)