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Der etwas andere Eishockey-Profi  MEC Saale Bulls : Wie Nathan Robinson in Halle landete

Von Christian Elsaeßer 16.11.2017, 09:00
Nathan Robinson im Trikot der Saale Bulls in der Oberliga
Nathan Robinson im Trikot der Saale Bulls in der Oberliga Eckehard Schulz

Halle (Saale) - Es gibt diese Geschichte von seiner Ankunft in Deutschland. Elf Jahre liegt sie zurück, doch Nathan Robinson hat genaue Erinnerungen daran. An den ersten Eindruck, den er als damals 24-Jähriger bekam.

„Ich wurde vom Trainer am Flughafen abgeholt“, erzählt der Kanadier „Mit dem Auto ging es dann nach Mannheim. Es war fürchterliches Wetter - und wir sind über die Autobahn geflogen. Als Deutscher ist man an das schnelle Fahren ja gewöhnt, aber für mich war es schlimm. Ein echter Kulturschock.“ Also reifte in diesem Moment der Entschluss: „Ich wollte auf der Stelle kehrtmachen und nach Kanada zurück.“

Elf Jahre sind vergangen. Doch Nathan Robinson hat nicht kehrtgemacht. Im Gegenteil. Für den Eishockey-Profi ist Deutschland längst zur Heimat geworden. Er spielte in Mannheim, Köln und Berlin. Und nach einem Kurz-Gastspiel in Bayreuth ist nun Halle seine fünfte Stadt im Land. Seit einigen Wochen läuft er für die Saale Bulls in der Oberliga auf.

Nathan Robinson ist fraglos ein ungewöhnlicher Profi. Einer, der aus vielerlei Gründen nicht ins klassische Schema passt.

Nathan Robinson: Eine Karriere wie ein Wunder

Das beginnt bei der Hautfarbe. Anders als im Basketball oder American Football finden sich dunkelhäutige Profis im Eishockey nur selten - „immerhin, es ist inzwischen besser geworden“, sagt er. Und das geht weiter mit seinem Karriereweg. Robinson schaffte es nie in den Draft zur Profiliga NHL, also in das Auswahlverfahren, mit dem die Profivereine ihre Talente aussuchen.

Doch über den Umweg eines Trainingscamps führte ihn sein Weg trotzdem dorthin. Sieben Spiele absolvierte er für die Detroit Red Wings und die Boston Bruins. Und auch wenn er sich in der NHL nicht durchsetzen konnte - mit seinem Wechsel nach Deutschland kamen die großen Erfolge. Er wurde Meister mit den Adler Mannheim, zweimal mit den Eisbären Berlin. „Wenn ich mir überlege, dass ich nie gedraftet worden bin, ist meine Karriere eigentlich ein Wunder“, sagt Robinson.

Saale Bulls: Was Nathan Robinson mit Kai Schmitz verbindet

Trotz dieser Erfolge: Auf persönlicher Ebene war für Nathan Robinson die Zeit bei den Kölner Haien vielleicht noch wichtiger. Bis heute ist die Stadt sein wichtigster Anlaufpunkt in Deutschland. Und mit Köln hängt es auch maßgeblich zusammen, wie es den 35-Jährigen überhaupt nach Halle verschlagen konnte.

„2014 stand ich kurzzeitig ohne Vertrag da. Ich habe mich damals fit gehalten, war in Köln mit anderen Spielern zusammen auf dem Eis.“ Und einer dieser Spieler war Kai Schmitz, heute Kapitän der Saale Bulls.

„Sport bringt Menschen zusammen“, erzählt Robinson. Vom ersten Moment an habe er sich mit Schmitz blendend verstanden. „Du kommst ins Gespräch und merkst, dass du die gleichen Interessen hast.“

Nathan Robinson ist ein leidenschaftlicher Koch

Drei Jahre ist das her. Doch der Kontakt riss nie ab. Und auch wenn Robinson auf Wanderschaft ging - es folgten Stationen in England, Nordirland, Tschechien, Weißrussland und der Slowakei - am Ende folgte Robinson dem Ruf des Kumpels, der ihm Halle und die Saale Bulls anpries. „Wobei ich anfangs schon gezögert habe“, sagt Robinson. „Es gibt Freundschaft und es gibt Business.“ Und er sah die Gefahr, dass das eine das andere gefährden könnte.

Was bislang eine unbegründete Sorge war. In der Kabine sitzen Schmitz und Robinson direkt nebeneinander und geben sich genug Anlass, sich gegenseitig hochzunehmen. „An der Ordnung muss ich mit ihm noch ein bisschen arbeiten“, sagt Kai Schmitz lachend. Robinson nimmt es amüsiert und erzählt von „Kai’s corner“. Also Schmitz’ Ecke, die vor allem dafür berüchtigt ist, immer auf das Akkurateste aufgeräumt zu sein.

Auch privat ist der Kontakt eng. Und so kann es schon mal passieren, dass Robinson kurzerhand in Schmitz’ Wohnung die Küche okkupiert. Der Kanadier ist leidenschaftlicher Koch. „Er hat erst vor ein paar Tagen bei mir jamaikanisch gekocht“, erzählt Schmitz.

Saale Bulls: Nathan Robinson hat Pläne für ein Buch

Was auch so eine ungewöhnliche Eigenschaft des Nathan Robinson ist. Er hat eine überaus kreative Ader. Beim Kochen. Aber auch an der Leinwand. Wie Teamkollege Johannes Ehemann malt auch Robinson gerne, hat schon diverse Bilder verkauft. „In Köln gibt es eine Bar, die einmal ein großes Bild von mir gekauft hat“, erzählt er. „Das müsste dort eigentlich immer noch hängen.“

Gut möglich, dass eines Tages noch ein weiterer Kreativ-Bereich dazukommt. „Ich überlege“, sagt Robinson, „ob ich irgendwann mal ein Buch schreibe über die Dinge, die ich im Eishockey erlebt habe.“ Über seine Wanderschaft durch zehn Länder. Über wundersame Vereine, die er kennengelernt hat. Oder über jenes Team zum Beispiel, von dem er irgendwann erfuhr, dass er mit zwei verurteilten Mördern in Reihe spielt.

Und wer weiß: Vielleicht wird Halle dann ein eigenes Kapitel bekommen. In seinem Vertrag sichern die Saale Bulls ihrem Starstürmer zu, ihn beim Erwerben einer Trainerlizenz zu unterstützen. Mit 35 Jahren will Nathan Robinson für die Zeit nach der Karriere planen. Ein bisschen sesshafter werden.

Ob er schon einen Namen für sein Buch im Kopf hat? Robinson lacht. Und antwortet wie aus der Pistole geschossen. „Circus.“ Zirkus also. „Oder Suitcase.“ Koffer. (mz)