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Schiedsrichter-Experte zum Manu-Rot Manu-Rot: Schiedsrichter-Experte Feuerherdt: "Ein Freispruch stand nie zur Debatte"

Von Benjamin Binkle 21.09.2018, 15:00
Schiedsrichter Osmanagic (l.) hatte Halles Manu (r.) im Spiel beim KFC Uerdingen die Rote Karte gezeigt.
Schiedsrichter Osmanagic (l.) hatte Halles Manu (r.) im Spiel beim KFC Uerdingen die Rote Karte gezeigt. imago sportfotodienst

Halle (Saale) - Es war das beherrschende Thema der Woche beim Halleschen FC: Die Rote Karte und die daraus resultierende Vier-Spiele-Sperre für Braydon Manu. Von „Witz-Rot“ schrieb der Verein, auch mit dem Urteil war der HFC nicht einverstanden, sah aber letztlich keine Chance auf einen erfolgreichen Einspruch.

Mit dem Schiedsrichter-Experten Alex Feuerherdt sprach Benjamin Binkle über die Szene und die Entscheidung des DFB-Sportgerichts.

Herr Feuerherdt, über die Rote Karten für Braydon Manu wurde viel diskutiert. War es eine Tätlichkeit und hat der Schiedsrichter die Aktion überhaupt gesehen? Was sagen Sie dazu?
Alex Feuerherdt: Schaut man als Schiedsrichter auf die Szene, hat man schon den Eindruck: Asmir Osmanagic hat da etwas gesehen. Die Frage ist aber, wie viel. Er pfeift in der Szene mit Verzögerung, geht dann zögerlich hin. Er spricht erst noch mit dem gefoulten Uerdinger Spieler. Und macht dann eine Geste, dass Manu seinen Gegenspieler an den Hals gegriffen hat – was ja eindeutig nicht passiert ist. Das alles spricht dafür, dass er die Szene eher aus dem Augenwinkel gesehen. Er hat es dann aber als Tätlichkeit eingestuft.

Alex Feuerherdt (49) ist Publizist und ausgebildeter Schiedsrichter. Gemeinsam mit dem Journalisten Klaas Reese betreibt er den Schiedsrichter-Podcast „Collinas Erben“.

HFC-Trainer Torsten Ziegner warf Osmanagic vor, seine Entscheidung nur auf Hinweis von anderen Akteuren getroffen zu haben.
Die Vermutung, Osmanagic könnte sich erst beim gefoulten Manuel Konrad erkundigt haben und dann, basierend auf dessen Angaben, die Rote Karte gezeigt haben, halte ich für sehr weit hergeholt. Das macht kein Schiedsrichter, schon gar nicht auf diesem Niveau.

Jetzt wurde Manu für vier Spiele gesperrt. Wie fällt das DFB-Sportgericht seine Urteile?
Das ist komplexe Sportsgerichtsbarkeit. Wenn ein Schiedsrichter einen Platzverweis ausspricht, hat der Bestand. Er ist der Hauptbelastungszeuge. Wenn er aussagt und nicht durch TV-Bilder klar widerlegt werden kann, glaubt ihm das Sportgericht als stärkstem Zeugen.

Der HFC sieht die Sache anders, Präsident Michael Schädlich vermisst das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“.
Genau das ist der Punkt. Es geht vor dem Sportgericht nicht darum, die Schuld nachzuweisen, wie in einem ordentlichen Gerichtsverfahren. Es läuft genau andersrum: Der Verein muss zweifelsfrei belegen, dass sich der Schiedsrichter offenkundig geirrt hat. Nur dann ist ein Freispruch überhaupt möglich.

Was steckt denn hinter der Formulierung des offenkundigen Irrtums?
Der liegt nur dann vor, wenn eine Rote Karte im Zuge einer Verwechslung dem falschen Spieler gezeigt wurde oder wenn wirklich gar nichts passiert ist, wenn der Schiedsrichter eine krasse Wahrnehmungsstörung hatte. Das ist hier aber nicht passiert. Braydon Manu hat ja nicht nichts gemacht, was der HFC auch bestätigt. Es hat eine Schlagbewegung gegeben – ob und wie hart Manu den Gegenspieler getroffen hat, ist dafür irrelevant. Auch ein versuchter Schlag in Richtung des Gegners kann schon als Tätlichkeit gewertet werden.

War der HFC mit seinem Einspruch gegen das Urteil eigentlich von Beginn an chancenlos?
Es wäre verständlich, wenn der HFC als Anwalt in eigener Sache einen Freispruch fordert. Aber dieser stand im Grunde nie zur Debatte. Da sind dem Sportgericht nicht nur beim DFB, sondern auch von der FIFA ganz enge Grenzen gesetzt.

Bleibt aber noch das Strafmaß. Sind vier Spiele im Fall Manu ein besonders hartes Urteil?
Das Strafmaß regelt die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. Bei einer Tätlichkeit ist das Mindeststrafmaß schon zwei Spiele – selbst im Falle von weniger schweren Vergehen. Darunter geht eigentlich nichts. Als Wiederholungstäter kommt dann noch ein Malus drauf, die Sperre verlängert sich also. Da urteilt das Sportgericht streng nach der eigenen Satzung. Das läuft strikt formal ab: Wenn ein Freispruch aus den oben genannten Gründen nicht in Frage kommt, wird das normale Strafmaß verhängt. Davon weicht der Verband auch nicht ab.

Gibt es denn ein Szenario, das zur Minderung der Sperre auf zwei oder drei Spiele geführt hätte?
Das ist schwierig. Das Sportgericht könnte lediglich zwei Milderungsgründe geltend machen: Tätlichkeit in einem leichteren Fall und Tätlichkeit nach vorangegangener sportwidriger Handlung des Gegners. Vor der Szene ist auch etwas passiert zwischen Manu und Konrad. Aber man müsste Konrad schon eine grob sportwidrige Handlung nachweisen. Und das muss mehr sein als ein leichtes Festhalten im Zweikampf. Die TV-Bilder geben es nicht wirklich her, die Szene von Manu als Revanchefoul zu werten.

Welche Rolle spielte denn die Aussage von Gegenspieler Manuel Konrad? Und auch Uerdingens Trainer Stefan Krämer sagte nach dem Spiel, dass man die Rote Karte nicht hätte geben müssen.
Laut dem Halleschen FC gab es eine Befragung von Konrad durch den DFB. Und was er dann sagt, ist mitentscheidend. Wenn er gesteht, dass es keinen Schlag gab und er sich einfach hat fallen lassen, sind wir im Bereich des offenkundigen Irrtums – wenn sich die Aussage mit den TV-Bildern in Einklang bringen lässt. Aber er hat ausgesagt, dass er getroffen wurde. Und so kommt es dann folgerichtig zur Sperre. Wenn gegnerische Trainer nach dem Spiel etwas Milderndes zur Roten Karte sagen, ist das zwar sportlich fair, für das DFB-Sportgericht aber nicht entscheidend. (mz)