Mehr Ruhe, weniger Tore Pierre-Emerick Aubameyang: Der Millionen-Wechsel und seine Folgen

Dortmund/London - Sogar Robert Lewandowski verdrückte eine Träne. „Alles Gute, es war ein Vergnügen, sich mit dir duelliert zu haben. Nur solche gesunden Vergleiche machen einen noch besser“, twitterte der Torjäger von Bayern München nach dem Transfer seines ewigen Rivalen Pierre-Emerick Aubameyang von Borussia Dortmund zum FC Arsenal. Satte 63,75 Millionen Euro lassen sich die Gunners den Transfer des 28-jährigen Gabuners kosten, der 2013 für 13 Millionen Euro aus St. Etienne geholt worden war.
Der Paradiesvogel schwirrt ab, die Bundesliga verliert fraglos eine Attraktion. Der schillernde Starstürmer und zuletzt auch Unruhestifter verlässt den BVB nach viereinhalb Jahren. „Von den unschönen Ereignissen der vergangenen Wochen abgesehen, erinnern wir uns gern daran zurück, dass die Geschichte von Pierre-Emerick Aubameyang beim BVB über mehr als vier Jahre eine einzige Erfolgsstory war. Er hat in dieser Zeit Großartiges für Borussia Dortmund geleistet“, erklärte BVB-Sportdirektor Michael Zorc.
Der Belgier Michy Batshuayi (24) vom FC Chelsea wurde für 1,5 Millionen Euro bis zum Saisonende vom BVB als Aubameyang-Nachfolger ausgeliehen. Der Stürmer ist vertraglich noch bis 2021 an den Premier-League-Klub aus London gebunden. Ob er die Lücke auf Anhieb schließen, ist fraglich.
Arsenal verlängerte am Mittwoch außerdem den Vertrag mit Weltmeister Mesut Özil um dreieinhalb Jahre bis 2021. Der Ex-Bremer und -Schalker soll per annum künftig die Vereins-Rekordgage von 20,6 Millionen (knapp 400.000 Euro die Woche) einstreichen. Der Aubameyang-Transfer soll eine der Forderungen von Özil für eine Vertragsverlängerung gewesen sein. Zuvor hatten die Londoner bereits den Ex-Dortmunder Henrich Mchitarjan von Manchester United, verpflichtet. Der Gabuner hatte mit einigen Kapriolen die Freigabe vom BVB mehr oder minder erzwungen. Für die Borussia und den Stürmer endet eine ebenso erfolgreiche wie turbulente Zeit. Aubameyang war stets treffsicher und „immer ein bunter Vogel“, wie Zorc sagte – dabei aber trotz seiner Extravaganzen lange professionell und diszipliniert.
Mehrere Suspendierungen bei Borussia Dortmund
Das änderte sich spätestens zum Jahreswechsel: Aubameyang, nun ganz offensichtlich äußerst wechselwillig, schaltete auf Provokation. Er quartierte seine Familie im Spanien-Trainingslager im Mannschaftshotel ein, er schwänzte die Abschlussbesprechung vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg (0:0), für das er dann suspendiert wurde. „So kann es nicht weitergehen“, schimpfte Zorc, auch die Mitspieler des 28-Jährigen reagierten zunehmend mürrisch.
Auch für das Spiel bei Hertha BSC (1:1) wurde er wegen mangelnder Trainingsleistung nicht in den Kader berufen, bei seinem Einsatz am letzten Samstag gegen Freiburg (2:2) wirkte er lustlos. Am Montag erschien er als geladener Zeuge beim Prozess um den Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus im April 2017 – angeblich krankheitsbedingt – nicht vor Gericht. Am Dienstag entschwebte Aubameyang dann mit einem Learjet in Richtung London.
Jetzt ist das Theater um Aubameyang vorbei. Einen unerlaubten Shopping-Trip nach Mailand und einen verbotenen Videodreh auf dem Trainingsgelände hatte der BVB bereits mit Suspendierungen geahndet, allerdings, erklärte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, gab es zuletzt eine „andere Qualität“ der Verfehlungen: Das Verhalten Aubameyangs hatte erstmals Einfluss auf das Team.
Der Verein entschied sich am Ende für mehr Ruhe und (wahrscheinlich) weniger Tore – was allerdings das Saisonziel Champions-League-Qualifikation gefährdet. Via Instagram verabschiedete sich Aubameyang nochmit versöhnlichen Worten: „Sorry für alles, was im letzten Monat geschehen ist. Aber ich wollte schon letzten Sommer wechseln, da klappte es nicht, aber jetzt musste es sein. Vielleicht war es nicht der beste Weg, für den ich mich entschieden habe, aber jeder weiß, dass Auba verrückt ist.“
Aubameyang verdient zehn Millionen Euro netto
Was bleibt, sind grandiose Statistik-Werte. In 144 Bundesligaspielen für den BVB hat der pfeilschnelle Stürmer 98 Tore erzielt. Hinzu kommen jeweils 15 Treffer in der Champions League und im DFB-Pokal. Aubameyang ist auch durch seine Quote von 0,69 Toren pro Ligaspiel einer der besten Angreifer der Dortmunder Vereins-Geschichte. 2016 wurde Afrikas Fußballer des Jahres von 2015 mit dem BVB Pokalsieger. Seine nächste, gut entlohnte Herausforderung ist England: Bei Arsenal wird Aubameyang laut Medienberichten zehn Millionen Euro netto pro Jahr verdienen.
In Dortmund wird man seine Tore und seine vielen quietschbunten Auftritte vermissen – seine Eskapaden und Provokationen weniger. Der Verein kassiert hingegen nach dem Ousmane-Dembélé-Transfer zum FC Barcelona für 105 Millionen Euro Ablöse plus bis zu 42 Millionen Euro Bonuszahlungen erneut eine Riesensumme, die in die Entwicklung der Mannschaft investiert werden kann. Und, angesichts der jüngsten Auftritte, wohl auch investieren muss. (sid, ksta)