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Kommentar zum FC Bayern Kommentar zum FC Bayern: Demut ist in dieser Kapitalgesellschaft ein Fremdwort

Von Thomas Häberlein 07.02.2021, 13:50
Der Tross des FC Bayern München hatte eine beschwerliche Anreise zur Klub-WM in Katar.
Der Tross des FC Bayern München hatte eine beschwerliche Anreise zur Klub-WM in Katar. FIFA

Berlin - Zu Beginn ein kurzer Blick in den Duden. Die höchste Instanz der deutschen Sprache definiert das Wort Demut wie folgt: Demnach ist Demut die „in der Einsicht in die Notwendigkeit und im Willen zum Hinnehmen der Gegebenheiten begründete Ergebenheit“.

Anders formuliert: Die Dinge nehmen, wie sie sind - und nicht drüber aufregen.Das Wort Demut kommt übrigens regelmäßig im Wortschatz von Karl-Heinz Rummenigge vor. Als die Corona-Pandemie im vergangenen Frühling auch den Fußball schwer traf, da sagte der Vorstandsvorsitzende von Bayern München unter anderem: „Wenn diese Krise vorbei ist, sind wir verpflichtet, uns damit seriös auseinanderzusetzen, dass man gewisse Dinge mit Augenmaß wieder zurückdreht.“

Okay, die Krise ist noch nicht vorbei, aber das mit der Seriosität und dem Augenmaß klappt ja schon mal prima.

Aus Rummenigge und Hoeneß spricht die pure Arroganz

Ja, es ist zugegebenermaßen ärgerlich und unangenehm, wenn man wegen ein paar Sekunden oder Minuten den Abflug verpasst. Würde jeden Pauschaltouristen auch aufregen. Aber sich in einer weltweiten Krise, in der die Politik den Menschen empfindliche Einschränkungen auch der Grundrechte abverlangt, sich derart zu gerieren, wie es Rummenigge, Ehrenpräsident Uli Hoeneß und Präsident Herbert Hainer getan haben, das ist nichts als die pure Arroganz.

Nein, es ist kein Skandal und nicht mal eine Unverschämtheit, wenn die Einhaltung von Vorschriften und Gesetzen verlangt wird. Es ist ein Skandal und eine Unverschämtheit, wenn Menschen glauben, sie müssten sich über Vorschriften oder Gesetze hinwegsetzen.

Noch dazu in einer Situation, in der diese Menschen zu den glücklicheren gehören: Weil sie nahezu ungehindert ihrem Beruf nachgehen können und von Ausnahmen profitieren. Vielen Anhängern auch von Bayern München ist dies derzeit nicht möglich.

Beim FC Bayern München ist Demut längst ein Fremdwort

Ganz unabhängig von den Umständen der Reise sollte übrigens daran erinnert werden, wohin sie geht: zu einem Turnier, das im Gegensatz zur Behauptung von Hoeneß so unwichtig ist, dass die Fernsehrechte dafür erst kürzlich vergeben wurden; und in einen Staat, der es mit der Wahrung der Menschenrechte nicht so genau nimmt und von dem der deutsche Rekordmeister Millionen kassiert. Aber dies nur am Rande.

Tatsache ist, dass Bayern München, dass dieser Weltverein, der sich gerne als moralische und ethische Instanz auf allen Ebenen inszeniert und seine große Volksnähe propagiert, an diesem Wochenende alle Werte verraten hat, für die er angeblich steht. Die Aussagen der Verantwortlichen von Bayern München zeugen von einer schier grenzenlosen Hybris, von einer Entrücktheit, die sprachlos macht.

Demut scheint in diesem Verein, Verzeihung: in dieser Kapitalgesellschaft ein Fremdwort zu sein. Alle anderen aus dem Paralleluniversum Fußball mögen bitte umgehend nachschlagen, was es bedeutet. (sid)