Daniela Schreiber gibt Karriere-Ende bekannt Daniela Schreiber gibt Karriere-Ende bekannt: Vizeweltmeisterin zieht ein Jahr vor Olympia Schluss-Strich
Die spartanisch eingerichteten Gästezimmer mit dem Doppelstockbett in Warendorf haben ein bisschen was von Ferienlager-Flair. Da nicht viel los war in den vergangenen Tagen in dem Sportkomplex der Bundeswehr, musste sich Daniela Schreiber aber dort mit niemandem die Unterkunft teilen.
Die Schwimmerin hatte also nicht nur freie Bettenwahl, sie konnte auch ungestört ihren Gedanken nachgehen. Und die drehen sich vor allem um eines: „Ich höre auf mit dem Leistungssport“, sagt die WM-Zweite und Europameisterin mit der Staffel. Für sich selbst hatte die Hallenserin diese Entscheidung schon vor längerer Zeit getroffen. „Seit den deutschen Meisterschaften, die nicht gut gelaufen waren im April, beschäftige ich mich damit“, sagt sie. Nun macht sie ihren Rückzug öffentlich. Ihren Vertrag mit der Bundeswehr wollte die Soldatin der Sportfördergruppe nach mehr als zwei Jahren nicht mehr verlängern.
Die letzten Tage in Warendorf hat Daniela Schreiber genutzt, um Formalitäten zu klären. Die Uniform beispielsweise musste zurückgegeben werden und ein medizinischer Check-up war vorgeschrieben.
Schöner Abschluss bei Militär-WM
Also: Ab sofort wird sie nicht mehr tagein, tagaus immer vor- und nachmittags trainieren. Kein permanenter Kampf mehr um Normzeiten für große Meisterschaften. „Jetzt freue ich mich auf das, was kommt“, sagt die 26-Jährige. Der Spaß an ihrem Sport war ihr zuletzt abhanden gekommen. Weder im Vorjahr bei der Heim-EM in Berlin noch dieses Jahr bei der WM in Kasan hatte sie den Sprung in das deutsche Aufgebot geschafft.
Ihre größten Erfolge feierte Daniela Schreiber mit der Staffel. 2009 in Rom gewann sie mit dem Freistil-Quartett über 100 Meter WM-Silber, 2011 WM-Bronze. 2010 und 2012 dominierte sie mit ihren DSV-Teamkolleginnen die EM. Im Einzelrennen kam dazu einmal EM-Bronze über 100 Meter.
Als Juniorin gelang ihr 2006 in Rio de Janeiro ein Paukenschlag. Über 50 und 100 Meter holte sie Gold, dazu kamen Silber und Bronze mit den Staffeln. Daniela Schreiber wurde am Stützpunkt Halle von Frank Embacher trainiert. Sie selbst macht in den nächsten Wochen ihre Schwimm-Trainer-C-Lizenz.
Die Militär-WM letzte Woche in Südkorea bot ihr die Gelegenheit, mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen. „Es war schön, noch einmal für Deutschland starten zu dürfen“, sagte die Freistilsprinterin. „Ich habe das alles sehr genossen.“
Gesundheitliche Probleme
Für eine Platzierung ganz vorn hatte es auch in Mungyeong nicht gereicht. Die Zeiten, die dort für sie gestoppt wurden, waren weit von den Hausrekorden entfernt. „Wieder einmal war ich vorher erkältet und konnte nur eingeschränkt trainieren“, erklärt Daniela Schreiber ihr Dilemma. Und sprach damit einen wunden Punkt an. Denn dass sie seit zwei Jahren ihrer Top-Form hinterher schwimmt, hat auch mit ihrer angeschlagenen Gesundheit zu tun. Das Asthma macht ihr immer mehr zu schaffen. Und da ist dann auch noch ihre Problemzone, die Schulter. Das harte Training hat Spuren hinterlassen. „Selbst wenn ich mal keine Schmerzen in der Schulter hatte, war ich im Wasser gehemmt. An ein Training mit dem Handbrett, was stärker belastet, beispielsweise ist nicht zu denken“, erklärt sie. Das Schulter-Problem ist längst ein Kopf-Problem.
Keine guten Voraussetzungen sind das für einen Top-Sportler. Und doch standen ihr viele Mitstreiter bei dem Versuch bei, sich an die Spitze zurückzukämpfen. „Mein Trainer Frank Embacher, die Vereinsführung beim SV und der Olympia-Stützpunkt - sie alle haben mir immer wieder Mut gemacht“, sagt Daniela Schreiber und gibt zu: „Am Ende habe ich wohl vor allem deshalb weiter gemacht, um sie nicht zu enttäuschen.“
Die Kraftreserven sind nun aufgebraucht. „Ich habe so viel Energie reingesteckt in meinen Sport und es ist zuletzt viel zu wenig dabei raus gekommen“, sagt die Schwimmerin. Dass in einem Jahr Olympische Spiele sind, kann sie auch nicht zum Weitermachen bewegen. Dabeisein in Rio wäre für sie ohnehin nicht alles. 2012 in London hatte sie über 100 Meter als 15. angeschlagen. „Natürlich ist es reizvoll, sich noch einmal zu verbessern. Das aber ist in meinem Fall nicht realistisch“, sagt sie.
Beruf und Privatleben im Fokus
Deshalb hält Daniela Schreiber die Zeit für gekommen, den Fokus auf Beruf und Privatleben zu legen. Nach vielen Jahren Fernbeziehung mit ihrem Freund Philipp will sie endlich mit ihm zusammenziehen. Der Bauingenieur arbeitet in Sheffield. Nach England zieht es nun auch die Fitnessökonomin. Einen Job im Sportmarketing oder als Personaltrainerin kann sie sich gut vorstellen. Einige Bewerbungen laufen. Und ihre Wohnung in Halle ist auch schon gekündigt. Ende November muss sie raus sein. Bis dahin will Daniela Schreiber ihren Verein unterstützen. An Land. Ins Wasser geht es nur noch zum Abtrainieren.