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Wissenschaft Wissenschaft: Der erste Mensch am Nordpol?

31.03.2009, 07:04
Das Foto zeigt die Aufstellung der amerikanischen Flagge am geografischen Nordpol am 6. April 1909 und das eingeblendete Porträt des US- Forschers Robert E. Peary (oben links). Am 6. April vor 100 Jahren erreichte Peary als erster Mensch den Nordpol - oder auch nicht. (FOTO: DPA)
Das Foto zeigt die Aufstellung der amerikanischen Flagge am geografischen Nordpol am 6. April 1909 und das eingeblendete Porträt des US- Forschers Robert E. Peary (oben links). Am 6. April vor 100 Jahren erreichte Peary als erster Mensch den Nordpol - oder auch nicht. (FOTO: DPA) dpa

Washington/dpa. - Am 6. April vor 100 Jahren schrieb deramerikanische Marine-Ingenieur Robert Edwin Peary Geschichte, wennauch nicht ganz so, wie er es sich erhofft hatte. An diesem Tag imJahr 1909 erreichte er als erster Mensch den Nordpol - oder auchnicht. Denn seit der ehrgeizige, später zum Konteradmiral befördertePeary die Welt über den Meilenstein in der Polarforschung, dieErfüllung seines Lebenstraums, informierte, sind im Laufe der Jahreimmer stärkere Zweifel an seinem Erfolg aufgekommen. Zunehmendverlagerte sich die Debatte auf die Frage, ob Peary sich geirrt hatoder sich verbittert über sein Scheitern zur Täuschung entschied.

Oder stand er doch tatsächlich an jenem Punkt der Erde, an demalle Wege nur nach Süden führen? Eine völlige Sicherheit, was damalswirklich geschah, gibt es auch nach 100 Jahren nicht. Niemandbezweifelt jedoch, dass Peary zu den ganz Großen der Polarforschunggehört, so oder so.

Der am 6. Mai 1856 im US-Staat Pennsylvania geborene Pearyentwickelte schon frühzeitig eine Leidenschaft dafür - schließlichbis zum Punkt der Besessenheit. 1886 unternahm der Ingenieur dieerste von sieben Expeditionen und erforschte Grönland. Als ersterdurchquerte er über eine Strecke von ungefähr 800 Kilometern dieNordostküste, drei Jahre später nahm er das nördliche Küstengebiet inAngriff, «Peary Land» wurde es später nach ihm benannt. 1900 schaffteer es wieder ein Stück weiter, bis an den nördlichsten Punkt, underbrachte dabei den Beweis, dass Grönland eine Insel ist. Auf einerExpedition 1905/1906 verlor er beinahe sein Leben und acht Zehendurch Erfrierungen.

Aber abschrecken ließ Peary sich nicht - im Gegenteil. Im Laufeder Jahre hatte er sich immer besser auf seine Expeditionenvorbereitet. Er studierte das Leben der Eskimos, ihreÜberlebenstechniken, er lernte den Umgang mit Schlittenhunden undperfektionierte das System des Anlegens von «Etappenlagern» mitVorräten für den Weg durch das Eis. Im März 1909 brach Peary voneinem Basislager an der Nordküste Grönlands mit 24 Männern, 19Schlitten und 133 Hunden zur endgültigen Nordpol-Eroberung auf.

Den letzten Abschnitt vor dem angeblichen Erreichen des Zieleslegte er aber nur mit seinem Assistenten Matthew Henson und vierEskimos zurück. Die anderen Begleiter hatte er zuvor zurückgeschickt,etwa 250 Kilometer vom Nordpol entfernt auch den erfahrenen KapitänBob Bartlett, der ihm als Navigator auf seinen früheren Expeditionenzur Seite gestanden hatte.

Am 6. April will Peary das Ziel seiner Träume erreicht haben. Diesteilte er im September in einem Telegramm mit, das er bei der erstenGelegenheit auf dem Rückweg in die Zivilisation aufgab. Dabei erfuhrer, dass nur kurz zuvor ein anderer verkündet hatte, bereits ein Jahrfrüher - im April 1908 - am Nordpol gestanden zu haben: FrederickCook, früher Schiffsarzt auf einer der Peary-Expeditionen. Einerbitterter Streit folgte, mit vielen Diffamierungen. Am Ende verlorCook, der keine Beweise für seinen Erfolg vorlegen konnte, und derUS-Kongress und die National Geographic Society sprachen Peary denRang des ersten Menschen am Nordpol zu.

Aber im Laufe der Zeit wuchsen dann auch die Zweifel an seinemtatsächlichen Erfolg. Sie ranken sich vor allem darum, dass derAmerikaner die letzten 250 Kilometer in einem Tempo zurückgelegthaben will, das schier als unmöglich gilt. Experten kamen außerdem zudem Schluss, dass Peary bei seinen Berechnungen Faktoren wie dieEisdrift und die damals herrschenden östlichen Winde nichtberücksichtigte. Zudem ging sein Chronometer nicht richtig - allesHinweise darauf, dass Peary vermutlich sein Ziel verfehlte, nachmanchen Vermutungen gar um bis zu 150 Kilometer.

Dass er seinen gewieften Navigator vorher zur Umkehr veranlasste,machte das Ganze noch verdächtiger. Und: Ausgerechnet für die Zeitdes angeblichen Triumphs, dem 6./7. April, findet sich in seinemTagebuch nur ein Eintrag auf einem losen Blatt, eingefügt nach derExpedition. «Endlich der Pol», schrieb Peary mit drei Ausrufezeichen.Er starb am 20. Februar 1920 in Washington. Aber die Debatte überseine Errungenschaft ging weiter.