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Natur Winter im Watt - Welche Tiere der Kälte trotzen

Viele Tiere halten jetzt Winterschlaf oder ziehen sich in wärmere Gefilde zurück. Doch auch im Wattenmeer ist noch einiges los.

Von dpa 04.01.2025, 08:00
Auch im Winter lassen sich Vögel im Watt beobachten (Archivbild).
Auch im Winter lassen sich Vögel im Watt beobachten (Archivbild). Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Tönning - Am Watt ist es stiller geworden um diese Jahreszeit. Die großen Vogelschwärme des Herbstes sind weg, die des Frühjahrs noch nicht da. In jedem Herbst und jedem Frühjahr rasten nach Angaben der Nationalparkverwaltung etwa 12 Millionen Zugvögel im Wattenmeer vor der deutschen, niederländischen und dänischen Nordseeküste. 

Doch auch im Winter lassen sich hier viele Vögel beobachten. Möwen sind immer präsent, aber auch verschiedene Gänse und Watvögel wie Austernfischer und Säbelschnäbler sind zu sehen. Denn auch jetzt ist das Nahrungsangebot im Wattenmeer reichhaltig, wie Claus von Hoerschelmann, stellvertretender Leiter des Nationalparkzentrums Multimar Wattforum in Tönning, sagte.

Das „Spülsaumtrio“ ist nur im Winter zu Gast

Einige Vögel zieht es sogar nur in dieser Jahreszeit hierher. Wattspaziergänger können im Spülsaum kleine Singvögel beobachten, die „wie eine rollende Wolke“ durch das Treibsel fliegen, sagte von Hoerschelmann. „Denen geht es super hier. Die kommen tatsächlich nur im Winter her und die profitieren davon, was im Spülsaum an Samen, Körnern und Resten ist.“

Das sogenannte „Spülsaumtrio“ sind Schneeammer, Ohrenlerche und Berghänfling. Sie zieht es im Winter von ihren arktischen Brutgebieten gen Süden ans Wattenmeer. Dort ernähren sie sich von den Samen der Salzwiesen, die im Spülsaum zu finden sind.

Seehunde zieht es in tieferes Wasser

Seehunde sind auf den Sandbänken indes weniger zu finden. Sie zieht es weiter raus in die Nordsee, wo die Temperaturen nicht so niedrig sind wie im Flachwasserbereich des Wattenmeers, wie von Hoerschelmann sagte. Zudem sind sie durch eine dicke Fettschicht „gut isoliert“. 

Wechselwarme Wattbewohner wie Fische, Schnecken und Muscheln passen die Körpertemperatur an die Umgebungstemperatur an. Mobile Arten wie Scholle oder Nordseegarnele flüchtet vor der Kälte in tiefere und damit frostfreie Bereiche der Nordsee. Wattwürmer und manche Muschelarten buddeln sich zum Schutz vor Frost in tiefere Bodenschichten.

Eiswinter werden weniger 

Manche Arten wie Herzmuschel und Bäumchenröhrenwurm erfrieren in Eiswintern jedoch leicht, wie die Schutzstation Wattenmeer auf ihren Internetseiten schreibt. Auch im Küstenvorfeld in 10 bis 20 Metern Tiefe erfrieren den Angaben zufolge mitunter Millionen von Muscheln. 

Anders als etwa auf einem See liegen die Eisschollen wegen der Gezeiten auch direkt auf dem Watt, wie von Hoerschelmann sagte. „Und die ersten Millimeter oder Zentimeter des Wattbodens frieren mit durch und hängen sich teilweise an die Eisscholle dran.“ Wenn dann die Eisscholle bei der nächsten Flut aufschwimmt, nimmt es die erste Bodenschicht mit. Zudem bewegten sich die Eisschollen durch die Wasserbewegung wie ein Hobel über den Boden und räumten diesen leer. 

Eigentlich sei die schlimmste Katastrophe biologisch gesehen wirklich ein Eiswinter, sagte von Hoerschelmann. Aber: „Die Tiere, die hier im Wattenmeer leben, sind daran angepasst.“. So helfe Muscheln und Krebsen etwa ihre planktische Larvenphase. Die erwachsenen Tiere lassen ihre Eier ins offene Wasser, daraus entwickeln sich Larven, die zunächst Teil des Planktons sind und sich erst ab einer bestimmten Lebensphase auf dem Boden niederlassen und neue Flächen besiedeln. 

Zudem wird seit einigen Jahren beobachtet, „dass wir keine Eiswinter mehr haben“, sagte von Hoerschelmann. Da spiele auch die Klimaerwärmung eine Rolle. Dies habe auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Arten im Watt. Jährlich komme im Schnitt eine neue Art dazu. „Und wir beobachten, dass zunehmend wärmeliebende Arten dazu kommen.“ Bisher wurden Experten zufolge keine heimischen Arten verdrängt.