Unwetter Wind und Regen: Sturmtief „Antonia“ zieht über Deutschland
Nach „Ylenia“ und „Zeynep“ zieht Sturm „Antonia“ über Deutschland und bringt neben heftigen Böen gebietsweise auch Dauerregen. Bahnreisende müssen weiter geduldig sein.
Berlin/Offenbach - Der dritte schwere Wintersturm innerhalb weniger Tage hat in Teilen Deutschlands Bäume umgeworfen und Unfälle verursacht.
In der Nacht zum Montag brachte die Kaltfront von „Antonia“ schwere Böen, die auch tagsüber noch zu spüren sind. Doch zunächst wurden deutlich weniger Schäden bekannt als nach den beiden vorherigen Sturmtiefs „Ylenia“ und „Zeynep“.
Bis zum Abend soll es vor allem über der Mitte und dem Süden Deutschlands stürmisch bleiben, während „Antonia“ selbst über Deutschland zieht. Gebietsweise regnete es anhaltend. Doch ein Abflauen der heftigen Stürme ist in Sicht: Für die Nacht zum Dienstag erwartete der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine „leichte Wetterberuhigung“. Tagsüber zieht den Prognosen zufolge dann in der Osthälfte, nachmittags auch wieder im Westen und Nordwesten mäßiger bis frischer, in Böen starker bis stürmischer Wind auf.
Wetter beruhigt sich - aber nicht überall
Am Mittwoch weht im Südwesten nur noch meist schwacher Wind aus West bis Südwest. Im Norden und Osten wird mäßiger bis frischer Wind aus westlicher Richtung mit starken Böen, an der See und im Bergland auch mit stürmischen Böen oder Sturmböen erwartet.
Auf dem Brocken und auf dem Feldberg im Schwarzwald hatte es in der Nacht auf Montag nach DWD-Angaben extreme Orkanböen über 140 Kilometern pro Stunde gegeben. In Lüdenscheid (Nordrhein-Westfalen) wurden orkanartige Böen von 117 km/h gemeldet, aus Roth südlich von Nürnberg 113 km/h.
Bei starkem Schneefall kam es am Montagvormittag auf der Autobahn 38 im Eichsfeld (Thüringen) zu einem Unfall mit zwei Lastwagen, zwei Kleintransportern und einem Auto - ein Mann und eine Frau wurden schwer verletzt. In Belm bei Osnabrück prallten zwei Autofahrer nacheinander mit ihren Wagen gegen einen vom Sturm umgestürzten Baum. Beide wurden verletzt in Krankenhäuser gebracht. Bei Sittensen (Niedersachsen) krachte ebenfalls ein Auto gegen einen umgestürzten Baum. Der 27-jährige Autofahrer und zwei Mitfahrer wurden verletzt.
Im Süden gab es örtlich Schneeglätte. Bei Wolfegg (Baden-Württemberg) kam am Morgen deshalb ein Schulbus von der Straße ab und rutschte in einen Straßengraben. Die Türen waren zunächst verklemmt, weshalb die rund 30 Kinder den Bus für etwa eine halbe Stunde nicht verlassen konnten, sagte eine Polizeisprecherin. Niemand sei verletzt worden.
Eine Sturmflut jagt die nächste
Der Hamburger Fischmarkt wurde am Montagmorgen erneut überschwemmt. Der Wasserstand überschritt das mittlere Hochwasser nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) um etwa 1,5 Meter - ab diesem Wert wird von einer Sturmflut gesprochen. Auch am Montagabend und Dienstagmorgen erwartet das BSH dort eine Sturmflut. In der Hansestadt liefen zudem zahlreiche Keller voll.
Der starke Regen hat teils auch Flüsse und Gräben deutlich anschwellen lassen. Experten der Hochwasservorhersagezentrale erwarten etwa in einigen Bereichen in Niedersachsen kleinere Hochwasser, bei denen angrenzende Felder und Äcker überspült werden könnten. Bis Mitte der Woche soll es weitere Regenfälle geben.
Mehrere tiefer gelegene Grundstücke und Häuser im Nordwesten Niedersachsens wurden nach Feuerwehrangaben bereits in der Nacht zum Montag überspült. Auch in Sachsen-Anhalt galt örtlich eine Hochwasserwarnung. Die Polizei warnte zudem etwa im Harz zu Vorsicht: Es bestehe weiterhin die Gefahr, dass Bäume umstürzten könnten.
Einschränkungen im Bahnverkehr
Wegen Unwetterschäden fielen erneut viele Züge der Deutschen Bahn aus oder kamen verspätet. Das Unternehmen kündigte für Dienstag einen weitgehend normalen Fernverkehr mit nur noch einzelnen Einschränkungen an. Zwischenzeitlich seien 6000 der rund 33.000 Kilometer Streckennetz nicht befahrbar gewesen. Restschäden an rund 300 Kilometern Strecke sollen im Laufe der Woche behoben werden.
In den vergangenen Tagen waren wegen der Orkantiefs „Ylenia“ und „Zeynep“ mindestens sechs Menschen bei Unfällen in Deutschland gestorben. Tödliche Unfälle gab es auch in mehreren anderen Ländern Europas, etwa in Polen, den Niederlanden, Großbritannien und Belgien. „Ylenia“ und „Zeynep“ dürften die Versicherer nach ersten Schätzungen der Unternehmensberatung Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) mehr als 1,4 Milliarden Euro kosten. „Zeynep“ sei der intensivste Sturm seit „Kyrill“ im Jahr 2007 gewesen.
Zumindest in Heidelberg gab es auch eine gute Nachricht: Ein vom Wind verwehter Weißkopfseeadler einer Falknerei wurde nach zwei Tagen im rund 20 Kilometer entfernten Weinheim entdeckt. Das acht Jahre alte Weibchen namens Mara sei am Samstag beim Flugtraining auf dem Heidelberger Königstuhl von einer Windböe erfasst worden, sagte Falkner Uwe Jacob am Montag. Eine Autofahrerin habe Mara schließlich am Montag auf einem Baum entdeckt. Mit einem toten Küken habe sich Mara im zweiten Versuch locken lassen, sagte Jacob.