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Werbung Werbung: Trubel um «Mister Kinderschokolade»

Von Dorit Koch 13.10.2005, 09:50
Günter Euringer, das «Gesicht der Kinderschokolade», zeigt Tafeln Kinderschokolade und rechts das erste Originalfoto. Der inzwischen 42-Jährige war zu Beginn der 70er Jahre für die Verpackung der weltweit bekannten Schokoriegel fotografiert worden. (Foto: dpa)
Günter Euringer, das «Gesicht der Kinderschokolade», zeigt Tafeln Kinderschokolade und rechts das erste Originalfoto. Der inzwischen 42-Jährige war zu Beginn der 70er Jahre für die Verpackung der weltweit bekannten Schokoriegel fotografiert worden. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Doch genau injenem Moment, in dem der 42-Jährige das «Versteckspiel» beendet,führt Hersteller Ferrero ein neues Jungengesicht ein. «Wenn schonverabschieden, dann mit einem Tusch», hatte sich Euringer daraufhingesagt - und kann sich seitdem vor Interviewanfragen kaum retten.

«Mit solch einer Resonanz hat niemand gerechnet», erzählt der inHaar bei München lebende Filmemacher und Kameramann, dessenAutobiografie («Günter Euringer. Das Kind der Schokolade») derSchweizer Giger-Verlag herausgebracht hat. Nach dem ersten «Outing»im Magazin der «Süddeutschen Zeitung» begann für ihn der ungewohntePressetrubel. «Früher wollte ich nie, dass mich jemand erkennt»,erinnert sich das einstige Kinder-Fotomodell. «Es hat mich extremgenervt, dass ich als netter, hübscher Bub gesehen wurde.» Er habesich deshalb sogar einmal die Wimpern abgeschnitten. Der Schokoladen-Auftritt blieb sein größter: «Ich konnte auch nur das eine Grinsen.»

Während das Kinderfoto jetzt auf dem Buchdeckel prangt, endet inden Süßwarenständen eine Ära. «Wir führen sukzessive eine Verpackungmit einem anderen Jungen ein», berichtet eine Sprecherin der Firma inFrankfurt/Main. «Überlegungen, den Auftritt zu modernisieren, gab esschon länger.» Zudem solle das Bild auf der Riegelschokoladeinternational einheitlich werden; Euringers Foto war - je nach Land -in leicht veränderten Versionen erschienen. Hemd und Haarlänge desJungen haben sich inzwischen geändert, er bekam fremde Ohrenverpasst. Dass sich sein Gesicht aber so lange als Werbeträger eignenwürde, war auch für das Unternehmen «nicht absehbar».

Dass das Konterfei eines der international bekanntestenKindergesichter ausgerechnet jetzt aus dem Alltag verschwindet, istnach Angaben der Sprecherin «Zufall». «Extrem zufällig», wundert sichhingegen Euringer, «aber möglicherweise habe ich mit meinem Buchprovoziert.» Vielleicht habe Ferrero immer ein namen- undgeschichtsloses Kind gewollt. Rund 151 Euro (300 Mark) bekam derJunge damals für die Fotos, Kontakt zum Unternehmen gab es danachnie. Dafür aber konnte Euringer immer wieder erfahren, wie andereMenschen sich als «Junge auf der Schokolade» ausgaben. Andere dagegenmussten den «Verdacht» immer wieder von sich weisen, wie etwa TV-Moderator Thomas Ohrner in der Talkshow «Johannes B. Kerner».

Als Kerner auch noch den Aufruf startete, das Kind von derSchokolade möge sich melden, begann Euringer über das Ende seinesSchweigens nachzudenken. «Ich hatte gehofft, dass die Geschichteinteressieren würde», meint der Vater zweier Söhne. Es tue «schonweh», wenn die letzten alten Verpackungen mit seinem Antlitz aus denGeschäften verschwinden. «Aber ich musste ja immer damit rechnen.»Und er könnte sich sogar vorstellen, wieder Werbung zu machen. «Dasssich noch einmal eine Schokoladenfirma bei mir meldet, glaube ichjedoch nicht.» Schließlich hat er ein weiteres Geheimnis gelüftet:«Ich habe mir noch nie etwas aus Schokolade gemacht.»