Fußball Trainer, Stars und Ambitionen: Fragen für den Hertha-Sommer
Ein versöhnlicher Heim-Abschied ist gelungen, doch bei den Verantwortlichen der Hertha laufen längst die Vorbereitungen für die nächste Saison. Dabei gibt es einige knifflige Fragen zu klären.
Berlin - Minutenlang feierten die Hertha-Profis nach dem Sieg im letzten Heimspiel der Saison mit ihrem mal wieder zahlreich erschienenen Anhang. Es gab warmen Applaus und gemeinsame Gesänge. „Die Saison war eine Achterbahn der Gefühle. Eins war immer da, ihr wart immer hinter uns. Was ihr abgeliefert war einfach nur Gänsehaut pur“, sagte Kapitän Toni Leistner in Richtung Ostkurve in den seligen Momenten nach dem 3:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern.
Doch dass die Feier eben nur entspannt-versöhnlich statt ausgelassen und feuchtfröhlich war, ist ein Fingerzeig für die Aufgaben im Sommer. Eine weitere Übergangssaison im Mittelfeld der zweiten Liga, von der der scheidende Trainer Pal Dardai stets sprach, wird sich die Hertha kaum leisten wollen und können. In den kommenden Wochen und Monaten werden einige Schlüsselfragen beantwortet werden müssen.
Was passiert mit Pal Dardai?
Hertha-Cheftrainer wird Dardai mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit zum Start der kommenden Saison nicht mehr sein, auch wenn der Club die sehr konkreten Medienberichte darüber am Samstag noch nicht bestätigen wollte. „Wenn es etwas zu vermelden gibt, vermelden wir das“, sagte Geschäftsführer Thomas Herrich und verwies auf „vertrauliche Gespräche“, die in der kommenden Woche fortgesetzt werden sollen.
Doch Dardai selbst wurde im Interview mit dem rbb so deutlich, dass es eigentlich keinen Zweifel mehr geben kann. „Ich bin immer für ein Jahr hier festgenagelt. Dann darf immer die Mannschaft entscheiden, darf immer der Pal entscheiden, dürfen die Führung und die Fans entscheiden“, sagte der 48-Jährige. „Zum Schluss kommt immer ein Ergebnis raus. Dieses Mal das Ergebnis, dass Pal nicht mehr weitermacht.“ Das sei kein Problem, er bleibe Herthaner, sagte die Club-Legende, die seit 1997 fast ohne Unterbrechung im Westend arbeitet.
Die Chance, ganz offiziell in seinem fast ausverkauften Olympiastadion Tschüss zu sagen, bekam er nicht, doch der Ungar gab sich gelassen. „Das ist meine 120. Verabschiedung hier“, sagte er und freute sich auf Garten und Familie. Ob er, wie nach seinen früheren Amtszeiten, dem Club in anderer Funktion erhalten bleibt, ist fraglich. Gefühlt ist bei Hertha aber nach Pal Dardai auch immer vor Pal Dardai.
Wer wird Cheftrainer?
Namen von möglichen Nachfolgern geistern schon seit Wochen durch die Berliner Presse. Aussichtsreiche Kandidaten sollen demnach der aktuelle Nürnberg-Coach Cristian Fiél und der ehemalige Augsburger Trainer Enrico Maaßen sein. „Ich habe ja Vertrag hier, deshalb mache ich mir darüber keine Gedanken“, antwortete Fiél nach dem Spiel seiner Mannschaft auf eine Nachfrage zum Thema.
Hertha-Investor 777, der sich schon länger für einen Abschied von Dardai ausgesprochen haben soll, hat dem Vernehmen nach den ehemaligen Bundesliga-Trainer Markus Gisdol auf dem Zettel.
Der neue Coach wird einerseits den von Dardai konsequent mitgegangenen Berliner Weg mit vielen eigenen Talenten fortführen, andererseits aber auch mehr defensive Stabilität und Konstanz bringen müssen.
„Ich glaube, eine gewisse Abgeklärtheit, eine gewisse Erfahrung hat uns gefehlt, im richtigen Moment eine Druckresilienz und dann auch, Spiele zu ziehen, über die Zeit zu bringen, defensiv kompakt, alle zusammen verteidigen.“, sagte Flügelspieler Fabian Reese.
Bleiben die Schlüsselspieler?
Der 26 Jahre alte Reese entschied das ein oder andere Spiel im Alleingang. Angriffspartner Haris Tabakovic dürfte sich die Torjägerkanone der Liga holen. Beide betonen stets, sich bei der Hertha wohlzufühlen. Klare Bekenntnisse vermeiden sie aber aus nachvollziehbaren Gründen. „Natürlich wäre es gelogen, wenn ich nicht sagen würde, okay, wenn da irgendwas kommt, dass ich mir das nicht anhöre und grundsätzlich alles kategorisch ausschließe. Dafür bin ich ein Wettkampftyp“, sagte Reese, für den es eine seiner letzten Chancen für einen langfristigen Vertrag bei einem Bundesligisten geben könnte.
Auch bei Tabakovic werden höherklassige Clubs anklopfen. Ebenso können die Talente Ibrahim Maza, Marton Dardai und Pascal Klemens Begehrlichkeiten wecken. Bei aller wirtschaftlichen Erholung wird die finanziell angeschlagene Hertha weiterhin auf Transfereinnahmen kaum verzichten können.
Wie geht es mit Investor 777 weiter?
Zuletzt hatte es Medienberichte über Probleme bei anderen Clubs gegeben, die ebenfalls mit der US-Investmentfirma zusammenarbeiten. An einigen Orten regte sich auch Protest. Bei Hertha klappt aber offenbar alles. 777 habe alle Verpflichtungen erfüllt und sei für die Berliner ein vertragstreuer Partner, betonte Herrich.
Hinweise, dass der Partner seine Anteile an der Hertha möglicherweise verkaufen wolle, habe er nicht. Der 60-Jährige betonte aber: „Da gibt es eine klare Regelung, dass wir Herren des Verfahrens sind. Es bedarf unserer Zustimmung, wenn irgendwelche Dinge gemacht werden.“ In der kommenden Saison ist die Zahlung der letzten Tranche des Investments von insgesamt 100 Millionen Euro geplant.