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Großdemonstration in Hannover „Jagd ist Naturschutz“ - Jäger protestieren gegen Änderungen

Mehr als 15.000 Jägerinnen und Jäger haben gegen geplante Einschränkungen bei der Jagd protestiert. Dabei hat die niedersächsische Landesregierung einen Großteil der Vorhaben zurückgenommen.

Von Christina Sticht, dpa 30.01.2025, 12:17
Einige Jägerinnen und Jäger sehen die Ausbreitung des Wolfes in Niedersachsen als großes Problem.
Einige Jägerinnen und Jäger sehen die Ausbreitung des Wolfes in Niedersachsen als großes Problem. Moritz Frankenberg/dpa

Hannover - Mehr als 15.000 Jägerinnen und Jäger haben in Hannover gegen die geplante Änderung des niedersächsischen Jagdgesetzes demonstriert. Die Teilnehmer trugen Plakate mit Aufschriften wie „Nur mit der Jagd sichern wir unsere Artenvielfalt“ oder „Jagd ist Naturschutz“. Die Landesjägerschaft Niedersachsen hatte erstmals zu einer Demo dieses Ausmaßes aufgerufen. Präsident Helmut Dammann-Tamke ist seit knapp zwei Jahren auch Präsident des Deutschen Jagdverbandes, Demonstranten waren auch aus vielen anderen Bundesländern angereist. Die Organisatoren sprachen von 20.000 Teilnehmern. 

Dabei hatte die rot-grüne Landesregierung in einem vorige Woche vorgestellten Eckpunktepapier bereits die meisten der angekündigten Veränderungen im Jagdgesetz wieder zurückgenommen. Dammann-Tamke, der von 2003 bis 2022 niedersächsischer CDU-Landtagsabgeordneter war, blieb dennoch im Kämpfermodus: „Wir sind eine Stimme im ländlichen Raum, die man nicht überhören darf“, rief er von der Bühne vor dem Landtag den Tausenden Demonstranten zu. In unmittelbarer Nähe protestierten etwa 250 Tierschützer und skandierten „Jagd ist Mord“. 

Die rote Linie der Jägerschaft sei, die Ausbildung der Hunde an lebendem Wild zu verbieten, betonte Dammann-Tamke. „Wer daran festhält, wird es mit dem erbitterten, dem stärksten Widerstand der Landesjägerschaft Niedersachsen zu tun bekommen.“ Die Jäger trugen orangefarbene Kleidung. Auf der Pirsch hat die Signalfarbe aus Sicherheitsgründen Grün- und Braun-Töne abgelöst. Das Wild erkennt die Leuchtfarben nicht, aber so wird auch kein Jäger oder Treiber für ein Reh gehalten. 

Alternativen zur Ausbildung mit lebenden Enten und Füchsen 

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte will mit der Reform des Jagdgesetzes unter anderem prüfen lassen, ob beim Trainieren der Jagdhunde in Fuchsbauten lebende Füchse oder besser Dummys eingesetzt werden sollen. Auch bei der Hunde-Ausbildung an lebenden Enten möchte die Grünen-Politikerin nach Alternativen suchen. Die bei den Jägern umstrittene Ministerin stellte sich den Demonstranten und erwähnte gleich zu Anfang ihrer Rede, dass sie selbst vor zehn Jahren die Jagdprüfung abgelegt habe.

„Es ist selbstverständlich nicht so, dass wir vorhaben, die Jagd abzuschaffen, wie das zum Teil in den Videos der letzten Wochen kolportiert worden ist“, rief Staudte den Jägern zu. „Mir ist es ein Anliegen, dass die Jagd in Niedersachsen sich weiterentwickelt.“ Das Thema Ausbildung am lebenden Tier sei kein Grund mehr, „hier heute zu demonstrieren“, sagte die Ministerin. 

Ihr Vorredner, der SPD-Abgeordnete Christoph Willeke, hatte den Demonstranten zuvor die Grüße von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) überbracht. „Es wird kein Verbot für die Ausbildung am lebenden Tier geben“, sicherte Willeke den Jägern zu. „Das hat einen einfachen Grund. Wir brauchen gut ausgebildete Jagdhunde.“ Auch die Jagd auf verwilderte Hauskatzen bleibe erhalten. Allerdings solle die Jagd in Naturerdbauten nicht erlaubt bleiben, erläuterte Willeke. Dies könne nicht nur für den Fuchs, sondern auch für den Hund oft schlecht ausgehen. Für diese Ankündigung gab es Pfiffe.

Gegendemo-Sprecher: Ministerin vor Jagdlobby eingeknickt

Der Wildtierschutzbund Deutschland hatte die Gegendemonstration organisiert. Sprecher Thomas Mitschke kritisierte, dass das geplante neue Gesetz in Sachen Tierschutz keine Verbesserungen bringe. „Wir haben feststellen müssen, dass die Ministerin komplett vor der Jagdlobby eingeknickt ist und viele Punkte gestrichen hat“, sagte Mitschke. 

Dass die Ausbildung der Jagdhunde mit Hilfe von lebenden Tieren weiter möglich bleibt, war das Hauptanliegen des Jägerpräsidenten Dammann-Tamke. Er nutzte die Bühne, um auf die aus seiner Sicht wichtige Rolle der Jäger als Natur- und Artenschützer aufmerksam zu machen. Für ihr ehrenamtliches Engagement fehle die gesellschaftliche Anerkennung. „Man erwartet von uns, dass wir angepasste Wildbestände herstellen, damit wir den klimastabilen Wald gemeinsam errichten können“, sagte der Landwirt aus dem Landkreis Stade.

Die Jäger seien rund um die Uhr in Rufbereitschaft, um verunfallte Rehe, Hirsche oder Wildschweine tierschutzgerecht zu töten. Sie betreiben Dammann-Tamke zufolge in Niedersachsen erfolgreich die Prävention vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und das Wolfsmonitoring. 

Jäger: Wolfs-Problem muss endlich angegangen werden

Bei der Demonstration waren auch einzelnen Anti-Wolf-Plakate zu sehen. „Wir haben gerade in Saalsdorf diverse Schafe verloren. Das Wolfs-Problem muss endlich angegangen werden“, sagte Rudi Böhm, ein aus dem Landkreis Helmstedt angereister Jäger. Niedersachsen habe inzwischen mehr Wölfe als Schweden und Norwegen zusammen. Zum Glück sei er kein Schafhalter.

Eine Jägerin aus dem Landkreis Nienburg betonte die Bedeutung der Jäger für die Artenvielfalt. „Wir haben sehr viel Wasser im Landkreis“, sagte sie. Wegen der Nutria und Bisam gebe es immer weniger Bodenbrüter wie Teichhühner. Stadtbewohner dächten bei Jägern häufig nur ans Schießen. „Wir haben aber in erster Linie die Pflicht zur Hege“, sagte die 58-Jährige. „Wir schützen, wir legen Biotope an, wir schaffen Lebensräume.“