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Bundestagswahl 2025

Bundestagswahl SPD vor dem Umbruch - auch in Niedersachsen?

CDU und AfD legen im seit zwölf Jahren SPD-regierten Niedersachsen zu - und SPD-Chef Klingbeil fordert eine Neuaufstellung seiner Partei. Wird Ministerpräsident Weil sein Amt vorzeitig abgeben?

Von dpa 24.02.2025, 04:30
Drei der einflussreichen Niedersachsen in der SPD: Parteichef Klingbeil, Generalsekretär Miersch, Verteidigungsminister Pistorius. (Archivbild)
Drei der einflussreichen Niedersachsen in der SPD: Parteichef Klingbeil, Generalsekretär Miersch, Verteidigungsminister Pistorius. (Archivbild) Kay Nietfeld/dpa

Hannover - Die SPD steht nach ihrer historischen Wahlpleite vor einer Zäsur - und ihr niedersächsischer Landesverband ist zentral daran beteiligt. Mit Parteichef Lars Klingbeil, Verteidigungsminister Boris Pistorius, Arbeitsminister Hubertus Heil und Generalsekretär Matthias Miersch haben gleich vier hochrangige Sozialdemokraten ihre Wahlkreise in Niedersachsen zwar gewonnen, im Bund aber müssen sie um ihre Zukunft ringen. Das könnte auch Folgen für die Landespolitik haben.

Denn in Hannover macht folgendes Szenario die Runde: Wenn einer der profilierten niedersächsischen Genossen in Berlin bald ohne Posten dastehen sollte, könnte dieser auf eine Rückkehr in das Land zwischen Harz und Nordsee spekulieren. Und dort Ministerpräsident Stephan Weil beerben?

Klingbeil: SPD muss sich personell neu aufstellen

Der langjährige Regierungschef, seit 2013 im Amt, hat Gerüchte über eine vorzeitige Amtsübergabe zwar regelmäßig zurückgewiesen. Wenn seine Gesundheit es zulasse, wolle er bis zur nächsten Landtagswahl, voraussichtlich Ende 2027, im Amt bleiben, sagte der 66-Jährige mehrfach. Doch schon lange ist klar, dass die aktuelle Amtszeit Weils letzte sein wird - und seine rot-grüne Regierung steht kurz vor der Halbzeit. 

Zudem forciert Parteichef Klingbeil den Umbruch in der SPD. Nötig sei nicht nur eine organisatorische und programmatische Neuaufstellung, sondern „ja auch, dass wir uns personell anders aufstellen“, forderte der SPD-Chef nach der Wahlniederlage in Berlin. Und: „Ich sage hier mit absoluter Klarheit, der Generationswechsel in der SPD muss eingeleitet werden.“ Die SPD-Führung hat Klingbeil bereits als neuen Fraktionschef im Bundestag vorgeschlagen.

So stimmte Niedersachsen bei der Bundestagswahl

Weil selbst bezeichnete den Ausgang der Bundestagswahl als „eine schwere Niederlage“ und kündigte an, die niedersächsische SPD werde ihren Teil dazu beitragen, die Konsequenzen zu ziehen und das Fundament für ein Comeback der Partei zu legen: „Selbstverständlich werden wir auch die Lehren aus dieser Wahl in unserer praktischen landespolitischen Arbeit zugrunde legen.“ 

Zwar schneidet die SPD in Niedersachsen wieder einmal besser ab als bundesweit. 23,0 Prozent sind dennoch ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl im Land. 2021 stimmten noch 33,1 Prozent für die SPD.

Damit landet die SPD diesmal hinter der CDU, die auf 28,1 Prozent kommt (plus 3,9 Prozentpunkte). Die drittplatzierte AfD erzielt 17,8 Prozent (plus 10,4) und damit ein Rekordhoch. Die Grünen erreichen 11,5 Prozent (minus 4,6), die Linke überraschend starke 8,1 Prozent (plus 4,8), die FDP 4,1 Prozent (minus 6,4) und das BSW 3,8 Prozent (neu).

Favorit für die Weil-Nachfolge gilt als ausgemacht

Schon vor der Wahl spekulierte das Politikjournal „Rundblick“, dass Weil sich noch 2025 sowohl als SPD-Landesvorsitzender als auch als Ministerpräsident zurückziehen könnte. „Der Nachfolger im Amt des Regierungschefs hätte dann noch rund zwei Jahre Zeit, im neuen Amt Profil und Popularität zu gewinnen“, schrieb das Journal. 

Sollte es trotz Weils Beteuerungen zu einer vorgezogenen Amtsübergabe innerhalb der Landesregierung kommen, gilt einer als klarer Favorit auf die Nachfolge: Wirtschaftsminister Olaf Lies. Der 57-Jährige war von 2010 bis 2012 schon einmal Landeschef der SPD. Vor der Wahl 2013 musste er sich in einem Mitgliederentscheid über die Spitzenkandidatur knapp gegen Weil geschlagen geben. Zwölf Jahre später könnte er doch noch Regierungschef werden.

Rückenwind für CDU und AfD

Bleibt Weil dagegen bis 2027 im Amt, könnte sein Nachfolger auch aus der CDU kommen und Sebastian Lechner heißen. Der 44-Jährige ist als Fraktions- und Landesvorsitzender der starke Mann der Christdemokraten im Land. Nach der Europawahl 2024 hat er nun eine zweite Wahl im Rücken, bei der seine Partei klar die stärkste Kraft in Niedersachsen wurde. 

Ambitionen, nächster Ministerpräsident zu werden, hegt auch AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann. Seine Partei verzeichnete bei der Wahl am Sonntag die höchsten Zugewinne. Sowohl Wichmann als auch AfD-Landeschef Ansgar Schledde machten bereits klar, dass ein Bündnis mit der CDU nicht an ihrer Partei scheitern würde.

Linke im Aufwind, FDP weiter unter fünf Prozent

Einen starken Wahlkampf-Endspurt legte die Linke hin. Seit Jahresbeginn hat sich ihre Mitgliederzahl in Niedersachsen auf rund 7.000 verdoppelt, und auch das Wahlergebnis wurde deutlich besser als 2021. Offen ist, ob die Linke diesen Trend auch auf die Landespolitik wird übertragen können. Im Landtag war die Partei bisher erst einmal vertreten - von 2008 bis 2013.

Die FDP, die schon den Verbleib im Landtag 2022 knapp verpasst hatte, liegt dagegen auch bei der Bundestagswahl im Land ein weiteres Mal unter der Fünf-Prozent-Hürde. Das BSW mit Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali auf Platz eins der Landesliste, das den Einzug in den Bundestag ebenfalls verpasste, schnitt in Niedersachsen noch etwas schlechter ab als bundesweit.