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Spanien Spanien: Forscher untersuchen Leiden von Kaiser Karl V.

Von Hubert Kahl 03.08.2006, 12:01

Madrid/dpa. - Aber das Leben war für denrömisch-deutschen Kaiser, der in Spanien als König Karl I. herrschte,häufig eine Qual. Er litt, wie spanische Wissenschaftler jetztnachgewiesen haben, an einer besonders schweren Form der Gicht.

Die Krankheit verursachte Karl V. nicht nur schrecklicheSchmerzen, sondern dürfte auch bei seiner Abdankung zwei Jahre vordem Tod des Kaisers eine entscheidende Rolle gespielt haben. Nunwollen die Forscher obendrein den Nachweis erbringen, dass derHerrscher auch Malaria hatte.

Wie das Team um Jaume Ordi von der Universität Barcelona imFachblatt «The New England Jornal of Medicine» (Bd. 355, S. 516) vomDonnerstag berichtet, entdeckte es in einem mumifizierten Fingerglieddes Herrschers größere Mengen an Harnsäure-Kristallen. Das Gelenk seivon den - für die Gicht typischen - Ablagerungen völlig zerstörtworden.

«Schon Karls Leibärzte hatten die Gelenkschmerzen als Gichtdiagnostiziert. Aber soweit wir wissen, wurde dies bislang niebiologisch nachgewiesen.» Eigentlich hatten die Wissenschaftler schonvor Jahren den Leichnam des Kaisers untersuchen wollen, der sich imPantheon der spanischen Könige in El Escorial bei Madrid befindet.Aber König Juan Carlos versagte ihnen damals die Genehmigung.

Erst später erfuhren sie, dass ein Fingerglied Karls V. getrenntvom Sarkophag in einer kleinen hölzernen Urne aufbewahrt wurde.Dieses etwa einen Zentimeter lange Stückchen durften sie für ihreForschung benutzen. Die Fingerkuppe wurde, wie der Malaria-ExperteJulián de Zulueta der Zeitung «El País» berichtete, mit einemLeichenwagen in ein Labor nach Barcelona gebracht. Es sei sogarüberlegt worden, ob eine Polizei-Eskorte den Transport derkaiserlichen Fingerspitze absichern sollte.

Im Labor setzten die Forscher dem mumifizierten FingergliedFlüssigkeit zu. «Anschließend entnahmen wir eine Gewebeprobe, die wirgenauso wie das Gewebe eines lebenden Patienten untersuchten»,berichtete der Pathologe Pedro Fernández. Die Fingerkuppe war 1868vom Leichnam des Kaisers getrennt worden. Damals hatten bei einemAufstand die Revolutionäre die Grabstätte öffnen und Neugierige einenBlick auf die mumifizierte Leiche werfen lassen.

Einer der Betrachter bestach einen Wächter und nahm die Kuppe als«Souvenir» mit. Das Fingerstückchen gelangte später in den Besitzeiner Adelsfamilie, die es dem Königshaus zurückgab. König AlfonsoXIII. (1902-1931) ordnete an, dass das Fingerglied im Klosterpalastvon El Escorial in einer Extra-Urne aufbewahrt wird. Karl V. hattesich nach seiner Abdankung in das Kloster von San Jerónimo de Yustein Westspanien zurückgezogen und starb dort am 21. September 1558.