Finanzierung Sozialverbände: Sorge vor Kürzungen bei Freiwilligendiensten
Viele Jugendliche arbeiten nach der Schule freiwillig im Pflegeheim oder im Naturschutz. Finanziert werden Freiwilligendienste auch vom Bund - dass hier Gelder gestrichen werden könnten, sorgt für Unruhe.
Erfurt - Thüringer Sozialverbände sehen angesichts möglicher Kürzungen von Bundesgeldern für Freiwilligendienste mit Sorgen in die Zukunft. Zwar sei noch nicht in vollem Umfang absehbar, wie gravierend sich mögliche Einschnitte auswirken könnten, hieß es vom Landesjugendring auf Anfrage. Es sei jedoch zu erwarten, dass sich beim Thüringen-Jahr das Platzangebot verringern dürfte. Dies könne vor allem zu Lasten kleinerer Verbände mit nur wenigen Stellen gehen. Das Thüringen-Jahr ist ein freiwilliges Orientierungsjahr für junge Menschen bis 27 Jahre. Es wird in den Bereichen Soziales, Kultur, Denkmalpflege, Sport und Ökologie angeboten.
Nach Angaben des Bildungsministeriums standen für das Thüringen-Jahr 2022/23 rund 5,6 Millionen Euro zur Verfügung, wobei der Bund rund 1,5 Millionen Euro beisteuerte. Knapp 3,4 Millionen Euro waren EU-Mittel, 687.000 Euro übernahm das Land. Gefördert wurden laut Ministerium 759 Stellen im freiwilligen sozialen Jahr (FSJ) und 152 Stellen im freiwilligen ökologischen Jahr (FÖJ). Aus den Bundesmitteln wird laut Ministerium ausschließlich die pädagogische Begleitung finanziert. Die diskutierten Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 - die Rede ist von 78 Millionen Euro - würden laut Ministerium „über kurz oder lang“ zu einer Stellenreduzierung führen.
Bei der Diakonie Mitteldeutschland wirken sich die Diskussionen um die Kürzungen bereits aus. „Wir können derzeit nicht seriös planen“, teilte Sprecher Frieder Weigmann mit. „Wenn es schon 2024 weniger Geld gibt, wird das fatale und chaotische Folgen für die laufende Umsetzung in den Einsatzstellen haben.“ Im September beginnt der neue einjährige Einsatzzyklus.
Auch das Deutsche Rote Kreuz fürchtet einem Sprecher zufolge, dass bei Kürzungen FSJ und Bundesfreiwilligendienst, „wie wir sie bisher kannten“, künftig nicht mehr möglich sein könnten. Den im Zuge der Wehrpflicht-Aussetzung eingeführten Bundesfreiwilligendienst (BFD) können Erwachsene unabhängig vom Alter leisten. Die Zahl der „Bufdis“ geht allerdings in Thüringen stetig zurück. Zwischen 2018 und 2022 verzeichnete das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben nach früheren Angaben einen Rückgang von 34,5 Prozent auf 1243 im vergangen Jahr.
Die Besetzung von Freiwilligenstellen sei bereits jetzt schwierig, bestätigte Diakonie-Sprecher Weigmann. Das gelte vor allem für den ländlichen Raum. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung sei gar mit einem Rückgang der Bewerberzahlen zu rechnen. Aus Sicht der Diakonie müssten die Freiwilligendienste deshalb eigentlich stärker unterstützt werden, zum Beispiel durch kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Freiwilligen. Aktuell hat die Diakonie in Thüringen und Sachsen-Anhalt 250 Freiwillige, außerdem 500 „Bufdis“.