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Singapur Singapur: Julia entgeht der Todesstrafe

28.03.2002, 15:24
Susanne Bohl, die Mutter von Julia
Susanne Bohl, die Mutter von Julia AFP

Singapur/dpa. - Erst ab 500 Grammist die Todesstrafe durch Erhängen zwingend vorgeschrieben.

Der Richter stimmte zudem einer Freilassung gegen eine Kaution vonumgerechnet 93 250 Euro zu. Den Worten ihres Anwalts zufolge kommtdie junge Frau «in ein paar Tagen» frei. Allerdings wurde ihr Passeingezogen, damit sie das Land nicht verlässt. Es wird erwartet, dassder Prozess gegen Julia in etwa einem Monat beginnt.

Julias Vater sagte, er sei sehr erleichtert über die Entscheidung.«Ich danke allen, die sich um uns Sorgen machen und sich um unsereTochter Sorgen machen.» Nach Presseberichten über angeblicheMisshandlungen von Insassen in Singapurs Gefängnissen betonte JuliasMutter: «Unsere Tochter wurde und wird gut behandelt.»

Aufatmen auch bei Julias Familie im rheinland-pfälzischen Cochem.«Unsere größte Angst ist vorbei», sagte die 80 Jahre alte Großmutterund weinte vor Erleichterung. «Wir verfolgen weiter jede Nachrichtund halten engen Kontakt zu unserem Sohn Wolfgang in Singapur.»

Die neue Anklageschrift gegen die 22-Jährige umfasst insgesamt 14Punkte, die sich auf die einzelnen Drogenfunde in ihrem Umfeldbeziehen. Neben dem Cannabis waren auch 60 Ecstasy-Pillen, 34 Grammder Designer-Droge «Ice» und 30 Gramm des Narkosemittels Ketaminsichergestellt worden. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu 20Jahren Gefängnis oder eine Geldstrafe von umgerechnet 12 400 Eurooder beides. Das Auswärtige Amt in Berlin bot an, die konsularischeBetreuung der Deutschen fortzusetzen, falls es gewünscht werde.

Julias Anwalt Shubas Anandan deutete vor Journalisten an, dassmöglicherweise die Zahl der einzelnen Anklagen noch verringert wird.«Es gibt seitens der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft nocheinige Entscheidungen zu treffen», sagte er. «Jeder kennt diescharfen Drogengesetze in Singapur. Aber sie (Julia) wird einenfairen Prozess bekommen. Kein Anlass zur Sorge», fügte derRechtsanwalt an. Am vergangenen Freitag war die Anklage gegen diejunge Frau um den Vorwurf des Drogenkonsums erweitert worden, nachdembei einer Urinprobe Spuren von Ketamin nachgewiesen worden waren.

Julias drei wegen Drogenhandels Mitangeklagte aus Singapur müssenebenfalls nicht mehr die Todesstrafe fürchten, da die Vorwürfe auchgegen sie abgeschwächt wurden. Allerdings werden sie voraussichtlichweiter in Haft bleiben, weil ihre Familien nach Auskunft ihrerAnwälte die hohe Kaution nicht aufbringen können. Unter ihnen istauch ein 21-Jähriger Singapurer, der den ersten Ermittlungen zufolgegemeinsam mit Julia einen Drogenring geführt haben soll.

Medienberichten zufolge wurden seit 1975 mindestens 340 Menschenwegen Drogendelikten in dem Stadtstaat mit dem Tod durch Erhängenbestraft. In diesem Jahr hatte die Regierung die Todesstrafe beiHandel mit Drogen ab einer bestimmten Menge eingeführt. Als bislangeinziger westlicher Ausländer war 1994 der Niederländer Johannes vanDamme wegen Drogenschmuggels gehenkt worden, nachdem er drei Jahrezuvor mit 4,3 Kilogramm Heroin im Koffer ertappt worden war.