Schweinegrippe Schweinegrippe: Massentests in einer Schule

Düsseldorf/dpa. - Eltern und Kinder tragen Mundschutz. Siekommen zum Schweinegrippen-Test. Freundlich, aber bestimmt sperrenzwei Schulangestellte in dunklen Anzügen, ebenfalls mit weißemMundschutz sowie bunten Regenschirmen ausgestattet, den Einganghinter einer hohen Hecke ab. Wer in der Schule anruft, hört einStimmengewirr. Es herrscht Notstand, obwohl Feiertag ist. DasGesundheitsamt ist angerückt.
Mindestens 32 Kinder der japanischen Schule haben sich mit derSchweinegrippe angesteckt. Rund 300 Schüler, Angehörige undGeschwister müssen einen Rachenabstrich machen und werden auf dasneue H1N1-Virus getestet. Mit den infizierten Schülern ist die Zahlder Schweinegrippe-Fälle in Deutschland sprunghaft auf mehr als 100angestiegen. Inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO dieSchweinegrippe sogar als Pandemie eingestuft - als Epidemie mitweltweiter Ausbreitung.
560 Kinder besuchen die japanische Schule. Gleich zweiInfektionsketten identifizierte das Gesundheitsamt. Ein sechsjährigerJunge war nach einem Urlaub auf der Mittelmeerinsel Malta erkrankt.Allein 25 Fälle traten aber in zwei sechsten Klassen auf, dievergangene Woche einen Bus-Ausflug unternommen hatten.Gesundheitsamtsleiter Heiko Schneitler vermutete eine Jugendherbergein Thüringen als Infektionsquelle - dies werde aber niemals genaugeklärt werden können. In dem Bus habe dann eine «ideale Atmosphäre»für die Ausbreitung des Virus geherrscht.
Dass die japanische Gemeinschaft in Düsseldorf relativunzugänglich ist, erweist sich nun als Fluch und Segen zugleich. Denneinerseits werde die Verbreitung des Virus innerhalb der engenGemeinschaft so erleichtert, sagte Schneitler. Andererseits seienaber die Außenkontakte der Japaner begrenzt. Ganze Familien müssennun mindestens eine Woche in Quarantäne zu Hause bleiben. Auch dieerkrankten Kinder dürfen daheim genesen und müssen nicht insKrankenhaus. «Kinder sind völlig hilflos in einer Umgebung, in dersie sich nicht sprachlich verständigen können», sagte Schneitler.
Trotz der beunruhigenden Situation verläuft der Massentestdiszipliniert. Ein 40-jähriger Familienvater eilt mit Frau undachtjährigem Sohn zum Auto. Seine 11-jährige Tochter gehe in diesechste Klasse und sei infiziert worden. «Auch wir müssen jetzt zuHause bleiben und die Testergebnisse abwarten», sagt er. «VieleVorräte haben wir nicht», sagt der Vater und lacht hinter seinemMundschutz. «Aber wir hoffen, dass die japanische Regierung unshilft.» Ein anderer Vater sagt: «Meine Firma hat Verständnis, dassich nicht zur Arbeit gehen kann.»
Das japanische Generalkonsulat arbeitet auf Hochtouren. «Wirliefern den Familien wichtige Medikamente nach Hause», sagt einKonsulatssprecher. Auch stehe genügend Impfstoff bereit. Sollten dieFamilien Lebensmittel und Wasser brauchen, will die japanischeGemeinde helfen. Und sollte sie an ihre Grenzen stoßen, dann sei auchdie Stadt bereit einzuspringen, sagt der Sprecher Kai Schumacher.Japanische Dolmetscher seien im Dauereinsatz. Die Labore arbeitetenunter Hochdruck an den Tests, sagt er.
Nirgendwo in Deutschland leben so viele Japaner wie in Düsseldorfund Umgebung. Rund 7600 wohnen allein in «Dyusseru», wie die Japanersagen. Die Rheinmetropole hat sich in Jahrzehnten zur Basisjapanischer Unternehmen in Deutschland und Europa entwickelt. Das istnicht zuletzt der ausgeklügelten Infrastruktur zu verdanken; so wurdedie japanische Schule bereits 1971 eröffnet. Japanische Restaurants,Geschäfte und Hotels gehören heute ebenso zum Stadtbild wiejapanische Manager und ihre Familien.
An diesem Samstag wollen wie jedes Jahr Hunderttausende Besucherzum Japan-Tag nach Düsseldorf pilgern und das riesige Feuerwerk,Sumo-Ringer und Samuraikämpfer bewundern. Abgesagt werde das beliebteFest wegen der Schweinegrippe aber nicht, betonte OberbürgermeisterDirk Elbers. «Auch in solchen Zeiten halten wir zusammen.»