Sachsen Sachsen: Wie ein Dresdner vom «Ossi»-Prozess profitiert

Dresden/ddp. - In den Zeitungen hatte Hendrik Dietrich vom Fall derim Westen lebenden Frau aus Ostdeutschland gelesen, die ihreBewerbungsunterlagen mit dem Vermerk «Ossi» und einem eingekringeltenMinus zurückgeschickt bekam. Als «Minus-Ossi» abgestempelt, nahm siesich einen Anwalt und klagte auf Entschädigung. Eine absurdeGeschichte, also genau das Richtige für einen Mann, der mit absurdenIdeen sein Geld verdient. Einen Mann wie den Geschenke-HändlerHendrik Dietrich aus Dresden.
Seit zwölf Jahren betreibt der 40-Jährige seinen Laden «Catapult»in der Dresdner Neustadt. Inzwischen hat er weitere Filialen in derAltstadt und in Halle (Sachsen-Anhalt). «Ich wusste ziemlich schnell,dass ich irgendwas mit der Ossi-Geschichte anstellen muss», sagt er.Nach einer halben Stunde stand sein Konzept, basierend auf einemsimplen Strich. Einem senkrechten roten Strich, der aus einem Minuskurzerhand ein Plus macht. Der «Plus-Ossi» war geboren. «Erst dachteich daran, Bewerbungsmappen mit dem Schriftzug zu bedrucken», sagtDietrich. «Ein netter Gag, aber wer würde die schon kaufen.»
Stattdessen entwarf er gemeinsam mit einem Grafikdesigner einT-Shirt für den ebenso modebewussten wie stolzen Ossi. Mit weißerSchreibschrift auf schwarzem Stoff ist «(+) Ossi» darauf zu lesen.Der Schriftzug erinnert mit seinem Kreis über dem i sehr an denOriginalvermerk auf dem Lebenslauf von Gabriela S., der Buchhalterin,die sich diskriminiert fühlte. «Es ist aber nicht derselbe», sagtDietrich. «Wir wollen ja keinen juristischen Ärger provozieren.»
Tatsächlich ist auch Gabriela S. schon auf die Ideen vonumtriebigen Geschäftsleuten wie Hendrik Dietrich aufmerksam geworden.«Leider hat uns niemand um unser Einverständnis gebeten», sagt ihrStuttgarter Anwalt Wolfgang Nau. «Wir wollen aber keinen neuenKampfplatz aufmachen und werden nicht gegen diese Späße vorgehen.»Ein westdeutscher Internethändler bietet inzwischen auch T-Shirts mitdem Schriftzug «(-) Ossi» an. «Das war natürlich auch mein ersterGedanke», sagt Dietrich. «Dann war mir das aber einfach zu negativ.Statt rumzujammern, sollte man die Sache lieber mit einemAugenzwinkern nehmen.»
Schon öfter hat Dietrich mit verrückten Ideen echteVerkaufsschlager gelandet. Als etwa vor einem Jahr plötzlich ein mitBlumen bepflanztes «Protest-Klo» auf dem Dresdner Postplatzauftauchte, brachte er es wenig später als Miniaturausgabe auf denMarkt. «Wir kauften einfach Restposten von Tischstaubsaugern inToilettenform auf und bepflanzten die», sagt Dietrich. Bald kamenseine Mitarbeiter kaum noch mit der Produktion hinterher.
Auch diesmal ging alles ganz schnell. Wenige Tage nach der Ideelagen die ersten Plus-Ossi-Shirts in den Geschäften aus, allerdingsnicht lange. «Unsere kleine Testauflage war innerhalb weniger Tageausverkauft», sagt Dietrich. Der allererste Käufer war nicht etwa einOssi oder Wessi, sondern ein Holländer. «Keine Ahnung, ob der dieGeschichte überhaupt kannte», sagt Dietrich, der die Welt zunächstüber den Kurznachrichtendienst Twitter mit seinem Plus-Ossibekanntmachte. Nebenbei gründete er gleich noch die passendeFacebook-Gruppe, in der sich bis heute über 130 Mitglieder angemeldethaben.
Inzwischen hat Dietrich Hunderte Exemplare seiner T-Shirtsnachbestellt. Ob die Kollektion demnächst auf Basecaps, Kaffeetassenund Frühstücksbrettchen ausgeweitet wird, will der Geschäftsmann abernoch nicht sagen. Der Fall des Minus-Ossis wird die Justiz jedenfallseine Weile beschäftigen - gut für Dietrichs Geschäft. Gabriela S. undihr Anwalt sind nach der Niederlage am Stuttgarter Arbeitsgericht inBerufung gegangen.