Raumfähre «Columbia» Raumfähre «Columbia»: Experten untersuchen abgestürzte Trümmer

Cape Canaveral/dpa. - Nach dem Absturz der US-Raumfähre «Columbia» mehren sich die Hinweise auf technische Probleme als mögliche Unglücksursache. Nach Expertenansicht könnten Schäden am Hitzeschild der Fähre eine zentrale Rolle spielen. Eine Bestätigung der US-Raumfahrtbehörde NASA dafür gab es aber am Sonntag noch nicht. Weitere Aufschlüsse bei der Ursachensuche erhoffen sich die US- Behörden von den herunter gefallenen Trümmerresten. Die «Columbia»- Katastrophe, bei der sieben Menschen starben, dürfte den Aufbau der Internationalen Raumstation ISS verzögern. US-Präsident George W. Bush versicherte, die Tragödie sei aber nicht das Ende der bemannten Raumfahrt.
Bereits am Sonntag um 14.00 Uhr (MEZ) wollte Russland einen Progress-Raumfrachter vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan starten. Er soll Nachschub zur ISS bringen.
In die Suche nach den Überresten der Raumfähre, die über vier Bundesstaaten verstreut sind, schaltete sich auch das FBI ein, sagte eine FBI-Sprecherin dem Nachrichtensender CNN in Dallas. Zahlreiche Menschen legten vor dem Johnson Space Center der NASA im texanischen Houston Blumen nieder.
Die «Columbia» war am Samstagnachmittag (MEZ) in 63 Kilometern Höhe über dem Bundesstaat Texas abgestürzt. Die sieben Astronauten kamen ums Leben, darunter auch der erste israelische Astronaut, Ilan Ramaon. Noch Minuten vor der für 15.16 (MEZ) geplanten Landung auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida hatte die NASA- Kontrollstation keine Hinweise auf eine Störung. Um 15.00 Uhr fielen nach Angaben von Shuttle-Manager Ron Dittemore und Flugdirektor Milt Heflin mehrere Sensoren für die Temperaturmessung aus. Die Crew hatte in ihren 16 Tagen im All zahlreiche wissenschaftliche Experimente durchgeführt.
Als Absturz-Ursache vermuten Experten technische Probleme. US- Spezialisten wollen nach CNN-Angaben nun ein Isolier-Element der Außenhülle noch einmal genauer untersuchen, das sich beim Start gelöst hatte und gegen den linken Flügel geprallt war. Der Schaden war zunächst als gering eingestuft worden. Nach Ansicht des deutschen Astronauten Ulrich Walter könnte das beim Start gelöste Teil des Tanks «ein paar Kacheln an der Vorderkante des linken Flügels der Raumfähre ausgeschlagen» haben, wie er «Focus TV» sagte.
Bereits wenige Stunden nach dem Unglück hatten Beobachter es als wahrscheinlich bezeichnet, dass eine Beschädigung der aus Keramikkacheln bestehende Isolierschicht der «Columbia» die Katastrophe verursacht haben könnte. Die Isolierschicht soll ein Verglühen der Raumfähre beim Abbremsen vor der Landung verhindern. «Es könnten auch mehrere Hitzeschildkacheln auf einmal abgefolgen sein», sagte der deutsche Astronaut Ernst Messerschmid der dpa.
Neben Trümmerfunden in vier Bundesstaaten wurden in der texanischen Ortschaft Hemphil nahe der Grenze zu Louisiana in der Nähe von Überresten der Raumfähre auch Leichenteile gefunden. Ob es sich dabei um sterbliche Überreste der Astronauten handelte, konnte zunächst nicht geklärt werden. Die US-Behörden warnten die Menschen eindringlich davor, Trümmer anzufassen, da der verbrannte Treibstoff der Raumfähre die Teile stark vergiftet haben könnte. Fundstücke können über eine US-weit geschaltete Telefon-Hotline gemeldet werden.
Weltweit löste das Unglück Bestürzung und Trauer aus. Die griechische EU-Ratspräsidentschaft sprach der Regierung der USA und den Familien der Opfer am Sonntag ihr tiefstes Beileid aus. Die politischen Führungen Japans und Chinas kondolierten US-Präsident George W. Bush. Bundespräsident Johannes Rau, Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer sprachen den Angehörigen der toten Astronauten und den Regierungen von USA und Israel ihr Beileid aus. Auch Israel reagierte mit Erschütterung auf den Absturz.
Die Auswirkungen auf die Raumfahrt in den USA und weltweit werden als erheblich eingeschätzt. Die NASA stoppte sofort alle Shuttle- Flüge auf unbestimmte Zeit. Der Einsatz von vier deutschen Astronauten, die beim Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) in Köln für baldige Missionen ausgebildet werden, sei möglicherweise in weite Ferne gerückt, sagte DLR-Programmdirektor Volker Liebig.
Während die Fahnen in den USA auf Halbmast gesetzt wurden, hatte Bush in einer Fernsehrede an die Amerikaner gesagt: «Die Columbia ist verloren. Es gibt keine Überlebenden.» Es war die größte NASA- Katastrophe seit der Explosion des Raumtransporters Challenger vor fast genau 17 Jahren mit ebenfalls sieben Toten.
Die «Columbia»-Katastrophe verdrängte erstmals seit Wochen die Irak-Krise aus den vorderen Plätzen der Nachrichtensendungen. Sofort nach dem Unglück aufgekommene Ängste vor einem Terroranschlag als Ursache wies die NASA allerdings zurück. Raketen hätten die «Columbia» in der Höhe des Unglücks gar nicht erreichen können, hieß es.


