1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Extremismus: Prozess gegen deutsche Person aus linker Szene gestartet

Extremismus Prozess gegen deutsche Person aus linker Szene gestartet

Maja T. soll an gewalttätigen Angriffen auf vermeintliche Rechtsextremisten in Budapest beteiligt gewesen sein. Am Prozess-Auftakttag lehnte die non-binäre Person ein Schuldeingeständnis ab.

Von dpa 21.02.2025, 16:19
Die in der linken Szene als Maja T. bekannte, mutmaßlich linksextreme deutsche Person, die sich selbst als non-binär identifiziert steht wegen mutmaßlicher Gewalt gegen Rechtsextreme in Budapest vor Gericht.
Die in der linken Szene als Maja T. bekannte, mutmaßlich linksextreme deutsche Person, die sich selbst als non-binär identifiziert steht wegen mutmaßlicher Gewalt gegen Rechtsextreme in Budapest vor Gericht. Denes Erdos/AP/dpa

Budapest - In Budapest hat der Prozess gegen die in der linken Szene als Maja T. bekannte, mutmaßlich linksextreme deutsche Person begonnen. Die ungarische Staatsanwaltschaft wirft der Person, die sich selbst als non-binär identifiziert, vor, im Februar 2023 in Budapest an Angriffen auf tatsächliche und vermeintliche Rechtsextremisten beteiligt gewesen und damit für schwere Körperverletzungen mitverantwortlich zu sein. 

Maja T. lehnte das Angebot der Staatsanwaltschaft ab, ein Schuldgeständnis abzulegen und dafür ohne weitere Verhandlung 14 Jahre Haft zu akzeptieren. Nun ist ein langer Prozess zu erwarten, an dessen Ende das Höchst-Strafmaß von 24 Jahren droht. Nächster Verhandlungstermin ist am 6. März.

Die Anklage wirft Maja T., die in Jena geboren wurde, Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“ vor, die auf offener Straße in zwei Fällen Menschen tätlich angegriffen habe, die sie für rechtsextrem hielt. Dabei gab es insgesamt vier Verletzte. Erst vor zwei Tagen hat dazu beim Oberlandesgericht in München der Prozess gegen die mutmaßliche Mittäterin Hanna S. begonnen. In diesem Fall spricht die Staatsanwaltschaft von versuchtem Mord.

Anklage spricht von planmäßigen, brutalen Angriffen

Die Gruppe sei planmäßig vorgegangen, mit verteilten Rollen, als Koordinatoren oder Ausführende, heißt es in der Budapester Anklage. Die Angreifer hätten ihre Opfer auf der Straße verfolgt, von hinten mit Schlagstöcken auf sie eingeprügelt und seien 30 Sekunden später geflohen. Um ihre Verfolgung zu erschweren, seien die Angreifer vermummt gewesen und hätten mehrere Schichten Kleider getragen, die sie während ihrer Flucht wechselten.

Die Anklage zählte schwere Verletzungen der Opfer auf: Knochenbrüche an Fingern und im Gesicht, Platzwunden, eine Gehirnerschütterung. Nur durch Zufall seien die Verletzungen nicht lebensbedrohlich gewesen. Zwei Opfer beantragten vor Gericht Schmerzensgeld: Ein Mann verlangte 10 Millionen Forint (rund 25 000 Euro), eine Frau zwei Millionen Forint (rund 4.950 Euro).

Maja T. erklärt sich für politisch verfolgt - Applaus von Sympathisanten

Im Gerichtssaal wurde Maja T. (24), die in Handschellen vorgeführt wurde, von etwa zwei Dutzend Anhängern mit Applaus empfangen. Vor dem Gerichtsgebäude prangten Transparente mit Forderungen ihrer Freilassung. „Ich stehe hier in einem Land vor Gericht, in dem ich als non-binäre Person nicht existiere, weil ich eine Antifaschistin bin“, sagte Maja T. in einer etwa halbstündigen Rede im Gerichtssaal. „In diesem Prozess geht es um viel mehr als um mich selbst“. Der ungarische Staat würde den Rechtsradikalismus „legitimieren und fördern“. Majas Vater Wolfram J. sagte danach vor Journalisten: „Mein Kind ist stark geblieben“.

Zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Gewalttaten feierten Ungarns Rechtsextremisten wie jedes Jahr eine Episode vom Ende des Zweiten Weltkriegs, die sie „Tag der Ehre“ nennen: Am 11. Februar 1945 versuchten Soldaten der Wehrmacht im von der Roten Armee belagerten Budapest vergeblich einen letzten „Ausbruch“, nachdem die Wehrmacht den Kampf bereits praktisch verloren hatte. Ungarns Behörden gehen gegen den „Tag der Ehre“ nicht vor, jedoch gibt es dabei stets Gegendemonstrationen von Antifaschisten.

Klagen über Haftbedingungen

Maja T. beklagte, dass sie unter „menschenunwürdigen Bedingungen“ in Einzelhaft gehalten werde, mit Schlafentzug durch stündliche Kontrollen in der Zelle, sowie mangelnde hygienische Bedingungen. Zudem habe sie nicht alle Prozessakten in deutscher Übersetzung erhalten. Einen Antrag der Verteidigung auf Umwandlung der Untersuchungshaft in Hausarrest lehnte der Richter Jozsef Sos ab mit der Begründung, dass Fluchtgefahr bestehe.

Im Dezember 2023 wurde Maja T. in Berlin verhaftet und im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert - obwohl das Bundesverfassungsgericht dies untersagt hatte. Doch die Entscheidung aus Karlsruhe kam wenige Minuten zu spät. Vor drei Wochen hatte Karlsruhe befunden, dass diese Auslieferung nicht rechtens war. Richter Sos erklärte, dies spiele für den Prozess in Ungarn keine Rolle.