Streit um Überwachung „Placebo-Maßnahme“ – Kritik an Videoüberwachung in Erfurt
Das Innenministerium will mit Videoüberwachung mehr für das Sicherheitsempfinden am zentralen Anger in der Landeshauptstadt tun. Doch das Vorhaben stößt nicht nur auf Zustimmung.

Erfurt - Die geplante Videoüberwachung auf dem Anger in Erfurt hat zu harscher Kritik aus der Linken-Fraktion des Landtags geführt. Das Vorhaben sei rechtlich fragwürdig und eine Geldverschwendung, monierte Ronald Hande, innenpolitischer Sprecher der Fraktion in einer Mitteilung.
„Was hier als Maßnahme zur Stärkung der Sicherheit verkauft wird, ist in Wahrheit ein tiefgreifender Grundrechtseingriff ohne belegbare Wirkung“, sagte Hande. Er fürchte, dass täglich Zehntausende unschuldige Menschen überwacht werden, die den Anger passieren.
Wohl komme es auf dem Anger schon wegen der vielen Menschen, die dort unterwegs seien, zu Konflikten. „Doch statt Placebo-Maßnahmen fordern wir echte Sicherheit durch den Ausbau von Maßnahmen wie Streetworkern und Streitschlichtern, eine bürgernahe Polizeipräsenz sowie mehr Prävention.“
Einschätzung geändert?
Hande kritisierte auch, dass das von Georg Maier (SPD) geführte Innenministerium scheinbar seine Haltung zur Videoüberwachung geändert habe. Der Linke-Abgeordnete verwies auf eine Antwort des – auch damals von Maier geführten – Ministeriums von 2000 auf eine parlamentarische Anfrage. Darin hieß es, dass Studien nahelegten, dass Videoüberwachung im öffentlichen Raum kaum zur Stärkung des Sicherheitsempfindens geeignet sei.
Das Innenministerium hatte am Donnerstag bekanntgegeben, dass Bauarbeiten zur Installation der Videoüberwachungsanlagen auf dem Anger im Mai beginnen sollen. Die Polizei nehme die zwölf Kameras ab Sommer in Betrieb. „Sie dient der Gefahrenabwehr, der Prävention – und im Ernstfall auch der Beweissicherung“, begründete Maier die Videoüberwachung. Auch Erfurts Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU) erhofft sich davon mehr Sicherheit.
Belebter Ort im Zentrum der Landeshauptstadt
Der Anger auf dem Weg vom Hauptbahnhof zur Altstadt gelegen ist von zentraler Bedeutung für die Landeshauptstadt und zählt zu den belebtesten Orten in ganz Thüringen: Busse und Straßenbahnen halten dort, er gilt als Shopping-Meile und Treffpunkt. Auch Demonstrationen und Kundgebungen finden dort statt, im Winter stehen dort Weihnachtsmarktbuden.
In dem Bereich Erfurter Innenstadt kommt es immer wieder zu Schlägereien und Gewaltentaten. Zu Schlagzeilen führte im Oktober 2021 ein tödlicher Messerangriff, in dessen Folge ein 28-jähriger Mann starb.