Tradition Ostern in Thüringen: Von Brauchtum und Wandel
Das Brauchtum zum Osterfest ist in Thüringen nach wie vor stark verwurzelt. Die Mischung aus althergebrachten Traditionen und neuen Impulsen machen das Fest zu etwas Besonderem.
Hohenfelden/ Berga - In der öffentlichen Wahrnehmung hat Weihnachten dem höchsten Fest im Christentum mittlerweile den Rang abgelaufen - trotzdem hat Ostern in Thüringen nach wie vor einen zentralen Stellenwert. „Im Allgemeinen wird Ostern als ein Fest mit mehr Leichtigkeit wahrgenommen - und als nicht so anstrengend wie etwa Weihnachten“, erklärt Juliane Stückrad von der Volkskundlichen Beratungs- und Dokumentationsstelle. Ob ein Besuch in der Ostermesse, ein gemeinsames Osterfrühstück oder ein Osterspaziergang, ob Eiersuche mit den Kindern oder ein Osterfeuer für die ganze Gemeinde: Insgesamt seien die Osterbräuche vielfältiger, flexibler und weniger festgelegt.
Am Sonntag läutete die traditionelle Palmsonntagsprozession in Heiligenstadt im Eichsfeld die Karwoche ein. Etwa 5000 Menschen beteiligten sich an der Prozession, die laut Stadt ihre Ursprünge im Mittelalter hat. Der Umzug soll an den Leidensweg Jesu erinnern und ist auch Teil des immateriellen Kulturerbes der Unesco.
Grundsätzlich stünden die meisten Bräuche in einer christlichen Tradition, aber auch ältere oder weltliche Motive seien eingeflossen, sagt Stückrad. So sei eine der ersten in Thüringen historisch belegten Eiersuchen seinerzeit von Johann Wolfgang Goethe in Weimar organisiert worden. Dass immer weniger Menschen in Thüringen offiziell zu einer der christlichen Kirchen gehörten, spiele eine untergeordnete Rolle: „Selbst wenn der christliche Hintergrund weniger präsent wird, bleiben die Bräuche bestehen“, fasst Stückrad zusammen.
Themen wie der Sieg des Lebens über den Tod, Auferstehung und Neubeginn erfüllten ein zentrales Bedürfnis der Menschen. Das Ende des Fastens und der Beginn des Frühlings seien Motive, die schon seit Jahrhunderten gefeiert würden. „Je länger ich mich damit beschäftige, umso klarer wird mir aber, dass vor allem das Thema Freude an Ostern eine sehr zentrale Rolle spielt.“ An Beispielen wie den Osterfeuern, die in vielen Gemeinden einen neuen Zulauf erhalten haben, zeige sich auch die soziale Rolle solcher Bräuche.
Viele Einflüsse von außerhalb der Landesgrenzen
„Nicht zuletzt aufgrund seiner Lage ist Thüringen extrem vielfältig, was das Osterbrauchtum angeht“, sagt Stückrad. Neben überregionalen Bräuchen wie den Ostermessen, verzierten Osterkerzen oder Ostergebäck gebe es in Thüringen auch verschiedene lokale und regionale Bräuche, die teils aus fränkischen, sächsischen oder sorbischen Traditionen stammten.
So sei etwa in Nordthüringen bis heute in vielen Gemeinden das „Kohleschlagen“ lebendig. Dabei wetteifern Teams darum, wer am schnellsten ein Stück Kohle einmal um die Gemeindegrenzen befördern kann - meist per Schläger oder mit festgelegten Wurftechniken. In vielen Regionen sei es üblich, dass der Pfarrer zu Beginn der Messe der Gemeinde einen Witz erzähle, um das „Ostergelächter“ und die Freude nach der dunklen Jahreszeit zu betonen.
In der Gegend um Eisenach werden bis heute die kunstvoll mit Stoff und dem Mark von Binsen beklebten „Binseneier“ hergestellt, die besonders bei Sammlern sehr gefragt sind. Aus dem fränkischen Raum habe sich die Tradition erhalten, dass Kinder eigene Körbchen herstellten und damit kleine Geschenke von ihren Taufpaten abholten, so Stückrad. Aus einer Tradition aus Sachsen und dem Sorbischen stamme der Brauch, dass junge Mädchen vor Sonnenaufgang schweigend von einer Quelle das „Osterwasser“ holten, dem besondere Energien nachgesagt werde.
Osterkrone mit 16 500 handbemalten Eiern
In Thüringen weitverbreitet sei auch das „Borneshegen“ - also die gemeinsame Reinigung und das Schmücken des örtlichen Brunnens. Vielerorts würden die Brunnen auch mit einer sogenannten Osterkrone verziert. Dieser Brauch habe sich erst in den 1990er-Jahren im Freistaat verbreitet und sei somit einer der jüngsten, so Stückrad.
In Ost-Thüringen hat sich diese Tradition mittlerweile zu einem wahren Besuchermagnet entwickelt: Dort haben sich elf Gemeinden zum „Osterpfad Vogtland“ zusammengeschlossen. Zwischen dem 23. März und dem 6. April dreht sich dort alles um Ostern, unter anderem mit der größten Osterkrone Thüringens, in die rund 16.500 handbemalte Eier eingearbeitet wurden, erklärt Initiatorin Ingrid Wiese. Mittlerweile kämen jedes Jahr unter anderem 35 Reisebusse aus ganz Deutschland, um sich den Osterpfad anzusehen. Und obwohl es diese neue Tradition Wiese zufolge offiziell erst seit 2010 gibt, wurde sie in diesem Jahr in die Landesliste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.