Öffentliche Leichenschau Öffentliche Leichenschau: 32-jährige Deutsche wird live seziert

Halle/London/MZ. - Gunther von Hagens (57) ist wieder in den Schlagzeilen. Der Erfinder der Plastination und Veranstalter der umstrittenen Ausstellung "Körperwelten", die derzeit in London gezeigt wird, will am 20. November in der britischen Hauptstadt die Leiche einer 32 Jahre alten Deutschen öffentlich sezieren.
"Der Grund dafür ist zum einen, dass die britische Regierung gerade ein Gesetz vorbereitet, nach dem solche Ausstellungen wie Körperwelten und öffentliche Sektionen bald nicht mehr möglich sein werden. Deshalb werde ich die Sektion jetzt durchführen, die ich eigentlich für 2003 in München vorhatte", sagte Gunther von Hagens der MZ. "Jeder sollte sehen dürfen, was bisher nur Mediziner und Studenten sehen - auch um es besser zu verstehen. Ich stehe eben nun mal für die Demokratisierung von Anatomie und ich halte es für sehr wichtig und auch sehr ehrenwert."
Nach Auskunft von Hagens handelt es sich bei der Toten um eine 32-jährige Deutsche, die sich vor zwei Jahren während der "Körperwelten-Ausstellung" in Köln im Beisein ihrer Eltern zur Körperspende entschlossen hatte. Die junge Frau, die an Epilepsie litt, war im Sommer diesen Jahres überraschend gestorben. Ein Fremdverschulden wird ausgeschlossen. "Aber die Eltern wollen die genaue Todesursache wissen, und sie finden auch, dass das, was wir vorhaben, der Aufklärung dient", so von Hagens.
In den Körper der Toten wurde bereits teilweise Kunststoff injiziert, um bestimmte Gefäße besonders gut sichtbar zu machen und um jegliches Infektionsrisiko für die Zuschauer zu vermeiden. "Ich würde den Körper deshalb schon nicht mehr als Leiche bezeichnen. Eher als Pre-Plastinat ", sagt der 57-jährige Wissenschaftler.
In Großbritannien wurde zuletzt vor 170 Jahren ein Körper öffentlich seziert, in Deutschland vermutlich im 18. Jahrhundert. Nach Angaben von Hagens haben zwei Drittel der knapp 600000 Besucher seiner Ausstellung in London die öffentliche Sektion befürwortet. Kurz nachdem sein Vorhaben bekannt geworden war, waren die 300 Karten, die zwölf Pfund (20 Euro) kosteten, schon vergriffen.
Entgegen anderer Meldungen wird die Sektion am kommenden Mittwoch nicht auf Großleinwände nach draußen übertragen. "Das würde ich nicht tun", wehrt von Hagens ab. "Es wird im Saal Leinwände geben, damit die Leute das, was sie sehen wollen, gut sehen können. Und ich würde das Ganze maximal noch in einen benachbarten Saal übertragen. Mehr nicht." Von Hagens will den Zuschauern vor Beginn der zwei mal 45-minütigen Sektion genau erklären, was passieren wird. "Und auch an kritischen Stellen, zum Beispiel wenn der Schädelknochen geöffnet wird, weise ich darauf hin, dass empfindliche Leute dann die Augen schließen sollten."
Dürfte Gunther von Hagens eine solche öffentlich Sektion auch in Deutschland vornehmen? "Wenn ein Einverständnis des Verstorbenen vorliegt und somit die Totenruhe nicht gestört wird, sehe ich strafrechtlich keine Probleme", meint Hans Lilie, Professor für Strafrecht und Medizinrecht an der halleschen Martin-Luther-Universität. "Ob es geschmacklos ist, ist eine andere Frage."
