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Museen Museen: In Killer knallen die Peitschen

Von Arno Schütze 22.09.2005, 10:52
Jürgen Simmendinger ist Chef von Deutschlands einzigem Peitschenmuseum. Die Besucher kommen von weit her - und es sind nicht nur Pferdefreunde unter ihnen. (Foto: dpa)
Jürgen Simmendinger ist Chef von Deutschlands einzigem Peitschenmuseum. Die Besucher kommen von weit her - und es sind nicht nur Pferdefreunde unter ihnen. (Foto: dpa) dpa

Burladingen/dpa. - «Bei einigen merkt man sehr schnell, dass sie keine Reiter sind,wenn sie mit einer unserer Peitschen hantieren», sagt derMuseumsleiter augenzwinkernd. Regelmäßig strömen auch Anhänger von sadomasochistischen Sexpraktiken in den kleinen Ort. «Zu erkennen geben die sich ja selten», sagt Simmendinger, der das Museum als Hobby führt.

Peitschen gibt es in allen erdenklichen Arten: Wie Lakritz fühltsich zum Beispiel eine ausgestellte schwarze Nilpferdlederpeitsche aus Ägypten an. Über ein rot verziertes Gerät aus Afghanistan weiß Simmendinger zu berichten: «Die wird in der SM-Szene im Internet gehandelt.» Die brasilianische Schlangenhautpeitsche verbirgt einen Dolch im Griff. Der mitteleuropäische Ochsenziemer ist hingegen nicht aus Leder hergestellt worden, sondern aus gezogenen Ochsenpenissen,erläutert der Fachmann.

Simmendinger will mit seiner Sammlung vor allem die Jahrhundertealte Tradition der Peitschenherstellung in Killer vor dem Vergessen bewahren. Mit der Herstellung von Schlaggerät verdiente sich bis zum Siegeszug der motorisierten Landwirtschaft ein Großteil der Bürger am Ort ihr Geld.

Anfangs verwendeten die Hersteller von Peitschen Esche, späterentdeckten sie eine asiatische Schlingpflanze, so genanntes Manila-Rohr, das Spediteure als Ballast ihrer Fracht beigaben. «Das Holz ist extrem biegsam», sagt Simmendinger. Im Museum stehen funktionsbereit alle Geräte, die Peitschenmacher verwendeten, einige stammen aus der Werkstatt seines Großvaters, wo er als Kind in der Produktion half. Mit speziellen Schneidmessern viertelte und verjüngte er das Rohr,passte einen Metallkern ein und leimte das ganze wieder zusammen. Simmendinger stellt eine laut ratternde Maschine an: «Am Schluss wurde Baumwolle darüber geflochten.»

«Heute haben Pferdepeitschen einen Plastikkern», sagtSimmendinger. «Sie sind zwar weit weniger elastisch als die ausManila-Rohr, kosten aber nur ein Zehntel.» In kleinen Auflagen stellt er die hölzernen Originale noch her. «Am besten verkaufen sich die mit Lederüberzug», sagt er lachend, denn die werden von der SM-Szene bevorzugt. Er bekomme sogar häufig Skizzen von Interessierten aus der «Szene», nach denen er die Peitschen fertigen soll. Selbst habe er mit SM nichts am Hut und mag Peitschen nur der Peitschen wegen, aber: «Es juckt mich keinen Meter, was die Kunden damit machen.»