Medizin Medizin: Jeder zweite mit Schweinegrippe?
DRESDEN/DPA. - "Trifft die saisonale Grippe meist Ältere und Kleinkinder, sind es diesmal vor allem unter 45-Jährige", sagte der Chef der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Dresden. Von einer besonderen Gefährdung sei jedoch derzeit nicht auszugehen.
Der Verlauf dieser Grippe sei in gut entwickelten Gesundheitssystemen vergleichbar mit einer normalen Grippewelle. "Wir gehen anhand von Daten aus den USA davon aus, dass ein Drittel derer, die die Krankheit haben, das nicht merkt und gar keine Symptome entwickelt", sagte Ehninger. Bei Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen könne sie allerdings lebensbedrohlich werden, dazu zählt Ehninger Lungenerkrankungen, Asthma oder andere Atemprobleme. Forderungen, vorab Impfstoff für alle Einwohner zu ordern, seien überzogen.
"Im Augenblick besteht die größere Gefahr darin, dass bei harmlosem Fieber, Husten und Schnupfen bereits Tamiflu oder andere virushemmenden Mittel gegeben werden." Diese Therapie wirke aber nicht bei Erkältung und habe hohe Nebenwirkungen, warnte er. Sie sollte nur bei schweren nachgewiesenen Grippe- Fällen eingesetzt werden. "Momentan werden wir von verängstigten Menschen überrannt, die Schnupfen und Husten haben", erzählte Ehninger. Da reiche es, einen Arzt anzurufen und zu Hause zu bleiben. Sie blockierten nun jedoch die Notaufnahme, so dass Schwerkranke nicht schnell genug versorgt werden könnten.
Für die Schweinegrippe typisch seien schweres und plötzlich auftretendes Krankheitsgefühl, Fieber und Kopfschmerzen. "Wenn dann noch Atemnot dabei ist, sollte man sich zügig im Krankenhaus vorstellen." Das Gesundheitssystem müsse von unnötigen Untersuchungen und angstgetriebenen Maßnahmen entlastet werden. "Die, die sich krank fühlen mit Husten und Fieber, sollten nicht arbeiten gehen", sagte er. "Nichts ist schlimmer, als ein fitter Kranker der durch die Gegend läuft und im Vorbeigehen jemanden anstecken kann."
Unterdessen wurde im Landkreis Leer (Ostfriesland) vorsichtshalber ein Kinderhort für eine Woche geschlossen. Eine 56 Jahre alte Frau habe sich nachweislich angesteckt, hieß es aus der Kreisverwaltung. Bei ihrer fünfjährigen Enkelin hätten sich ebenfalls Symptome gezeigt, das Virus sei bei dem Kind aber nicht nachgewiesen worden.