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Marienerscheinung in Voreifel Marienerscheinung in Voreifel: «Ich empfinde das wie eine Invasion»

Von Elke Silberer 13.05.2002, 19:00
Mitglieder einer marianischen Gebetsgruppe und
Mitglieder einer marianischen Gebetsgruppe und dpa

Düren/dpa. - Die kleine Kirche St. Johann Baptist ist dem Andrangvon mehr als 1000 Pilgern nicht gewachsen. Zwei Ordner schleusen dieNeuankömmlinge genervt, aber freundlich auf den nahe gelegenenSchulhof. Dort stimmen Gläubige auf ihren Klappstühlchen in denGesang ein, der von krächzenden Lautsprechern aus der Kircheübertragen wird.

Es ist der zweite Montag im Monat. Heute soll sich wieder dieGottesmutter Maria in dem Kirchlein zeigen. Die Pilger werden dieMariengestalt nicht sehen können. Das bleibt nach eigenen Angabeneiner jungen Frau vorbehalten, die sich am späten Nachmittag mitihrer Gebetsgruppe in der Kirche treffen wird.

Die 35-Jährige, «Manuela» genannt, will angeblich im Gebet dieMuttergottes sehen: eine Frauengestalt Anfang 20 mit dunklem Haar undeinem hellen, langen Kleid. Manchmal soll sie mit Rosen geschmücktsein, gibt Hermann-Josef Beckers vom Bistum Aachen die Schilderungender «Auserwählten» wieder. Bei ihren Erscheinungen soll Maria mit der35-Jährigen - Ehefrau und Mutter - sprechen. Eine zentrale Botschaftsei die Aufforderung zum Gebet.

«Die Botschaften, die "Manuela" zu empfangen glaubt, könnenMitteilungen der Muttergottes sein», sagt der Beauftragte fürReligions- und Weltanschauungsfragen des Bistums Aachen. Aber manmüsse nicht daran glauben.

«Ich glaube daran», sagt Rosi Strothotte, eine Pilgerin ausDuisburg. Mit einer Freundin steht die Mittvierzigerin direkt hinterden Gräberreihen an der Kirche auf dem Schulhof. Ob sie «Manuela» andiesem Tag sehen wird, spielt für die Pilgerin nicht die große Rolle:«Ich erwarte, dass ich hier den inneren Frieden finde.»

«Manuela» hatte die erste Marienerscheinung nach eigenerDarstellung mit 12 Jahren bei einer Wallfahrt ihrer Eltern imbelgischen Banneux. Danach habe die Gottesmutter häufigerzu ihr gesprochen. Schlagzeilen machten die Erscheinungen erst seiteinigen Wochen.

«Manuela» scheut die Öffentlichkeit. Sie gibt keine Interviews,möchte nicht im Licht der Kameras stehen, heißt es. GemeindepfarrerHeribert Kleemann und Vertreter des Bistums appellieren an dieMedienvertreter, die Privatsphäre der Ehefrau und Mutter zu schützen.Doch Fotografen und Fernsehteams lauern.

Den Sievernicher Hans Reifferscheidt interessiert das alles nicht,er jätet Unkraut in seinem Gemüsegarten. Er ist dem Beschluss derBürgerversammlung gefolgt und hat seine Obstwiese als Parkplatz zurVerfügung gestellt. Seine Pferde mussten dafür in den Stall.

«Ich empfinde das hier wie eine Invasion», kommentiert er denAndrang der Marienverehrer in den 450-Seelen-Ort. Um einVerkehrschaos zu vermeiden, hätten die Dorfbewohner ab 7.00 Uhrmorgens ihre Autos nicht mehr auf der Straße parken dürfen. Dass derAachener Bischof Heinrich Mussinghoff Sievernich nicht zumWallfahrtsort erklären will, wird seiner Meinung nach den Pilgerstromnicht aufhalten: «Hier ist etwas in Gang geraten, was nicht mehr zubremsen ist.»

Optimistischer sieht es Jochen Hils. An einem improvisierten Standverkauft er an der Straße Postkarten, eine Fotomontage mit denMotiven von Pfarrkirche und Madonnen-Statue. Ein Euro kostet dieKarte. «Es ist für eine neue Trauerhalle. Dafür sammeln wir», sagtder Mann.