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Anschlag auf Weihnachtsmarkt Magdeburg-Anschlag - Behörden weisen Schuld von sich

Wie war der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt möglich? Erstmals äußert sich der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft ausführlich. Bei der Gefahrenabwehr sieht er die Polizei in der Verantwortung.

Von dpa 18.04.2025, 04:04
Kurz vor Weihnachten war ein 50-Jähriger mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. (Archivbild)
Kurz vor Weihnachten war ein 50-Jähriger mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. (Archivbild) Heiko Rebsch/dpa

Magdeburg - Vier Monate nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt hat die Betreibergesellschaft den Vorwurf zurückgewiesen, den Markt nicht abgesichert zu haben. Die Abwehr krimineller Gefahren wie Amok und Terror obliege den staatlichen Organen, sagte Geschäftsführer Paul-Gerhard Stieger der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei habe Straftaten zu verhüten, ein Marktveranstalter sei lediglich für die Abwehr solcher Gefahren zuständig, die vom Markt selbst ausgingen, so Stieger.

„Es gab im Rahmen der Abnahme keine Auflagen an die Weihnachtsmarkt GmbH“, sagte Stieger. „Auch während des Weihnachtsmarkts gab es keine weiteren Auflagen oder Gefährdungsmitteilungen an die Weihnachtsmarkt GmbH durch die Sicherheitsbehörden.“

Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember 2024, war ein 50-Jähriger aus Saudi-Arabien mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Dabei wurden sechs Menschen getötet und mehr als 300 weitere verletzt. Der Täter sitzt in Untersuchungshaft.

Gefahr wurde im Sicherheitskonzept benannt

Gegen Verantwortliche der Stadt und des Weihnachtsmarkts liegen mehrere Anzeigen vor. Die Ermittlungsbehörden untersuchen unter anderem das Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarkts und das Einsatzkonzept der Polizei. Dabei gingen die Einschätzungen zur Gefahrenlage teilweise auseinander.

„Bedingt durch die Lage in Zentrum der Stadt Magdeburg und den Erfahrungen aus anderen Städten Europas besteht für den Weihnachtsmarkt eine Gefahr durch Anschläge mit Fahrzeugen jeder Art“, heißt es im Sicherheitskonzept. Versenkbare Poller im Bereich von Zufahrten etwa gab es jedoch nicht.

Der Ordnungsbeigeordnete der Stadt, Ronni Krug, schrieb Ende Oktober in einer E-Mail an die Veranstalter von Weihnachtsmärkten einige Erläuterungen zu den Sicherheitskonzepten. In der E-Mail, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, heißt es unter dem Punkt „Angriff durch Terrorakt“: „Eintrittswahrscheinlichkeit: unwahrscheinlich. Maßnahmen: keine (Zuständigkeit hierfür liegt allein bei der Polizei)“.

Stadt zeigt auf Polizei

Die Abnahme des Weihnachtsmarkts fand am 21. November statt. Teilgenommen haben Stieger sowie Vertreter der Stadt und der Polizei. In einem der dpa vorliegenden Protokoll des Ordnungsamtes wird festgestellt: „Festlegungen aus dem Sicherheitskonzept werden so weit erkennbar eingehalten.“

Hätten der Veranstalter und vor allem die Stadt mehr unternehmen müssen, um eine Fahrt über den Markt zu erschweren? Die Polizei geht davon aus. „Zuständig für die Überprüfung der Maßnahmen des Veranstalters ist die Landeshauptstadt Magdeburg“, sagte eine Polizeisprecherin. Es werde intensiv aufgearbeitet, was das Sicherheitskonzept zur technischen Absicherung von Flucht- und Rettungswegen vorsah und „ob diese Maßnahmen vom Veranstalter umgesetzt worden sind und wenn nicht, warum nicht“.

Die Stadt wiederum zeigt in Richtung der Polizei. Es habe 2024 keine Hinweise von der Polizei auf eine konkrete Gefahr oder auf eine erhöhte Anschlagsgefahr gegeben, sagte ein Sprecher. „Von der Polizei wurden auch im Rahmen der Stellungnahme zum Sicherheitskonzept auch in den Vorjahren keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Anschlagswahrscheinlichkeit mit Kraftfahrzeugen gegeben.“

Polizei weist Vorwürfe der Stadt zurück

Diesen Vorwurf weist die Polizei zurück. Mit der Landeshauptstadt Magdeburg habe im vergangenen Jahr ein enger Austausch stattgefunden, „auch mit Blick auf mögliche Gefährdungslagen wie Terroranschläge oder Amokfahrten“, sagte eine Polizeisprecherin. Im Dezember 2024 hätten zwar keine konkreten polizeilichen Erkenntnisse vorgelegen, die auf eine unmittelbare Gefährdung hingedeutet hätten. Aber: „Die abstrakte Gefährdungslage wurde kontinuierlich beobachtet und regelmäßig in gemeinsamen Besprechungen mit der Stadtverwaltung thematisiert.“

Zudem hatte Landespolizeidirektor Mario Schwan vor dem Anschlag jedoch darauf gedrungen, die Sicherheit von Veranstaltungen durch mobile und feste technische Sperren zu verbessern. Die Polizeiinspektionen Magdeburg, Halle, Dessau-Roßlau und Stendal sollten dafür die Veranstalter und die kommunalen Sicherheitsbehörden sensibilisieren, heißt es in einem Erlass vom 25. Oktober. „Die technischen Sperren sollen insbesondere das Ziel haben, das Befahren der Veranstaltungsflächen an den Hauptzufahrten zu verhindern bzw. zu erschweren.“

Diesen Erlass schickte das Landesverwaltungsamt am 18. November an alle Ordnungsämter der Landkreise und kreisfreien Städte – und damit auch an die Landeshauptstadt Magdeburg.