Fußball-Bundesliga Leverkusener Statement: Die Last-Minute-Giganten sind zurück
Nach eineinhalb ernüchternden Wochen erlebt der Meister in Stuttgart eine emotionale Explosion. Noch sind die Bayern ein ganzes Stück entfernt. Doch die Werkself setzt wichtige Zeichen.

Stuttgart - Der entfesselte Jubel von Xabi Alonso erinnerte an jenen von Vincent Kompany. Doch wer jubelt am Saisonende? Ob das spektakuläre 4:3 (0:1) beim VfB Stuttgart rückblickend irgendwann als das große Comeback von Bayer Leverkusen im Rennen um die deutsche Meisterschaft gewertet werden kann, wird sich erst zeigen. Ein Statement war die Art und Weise, mit der sich die Werkself nach drei Pflichtspielniederlagen inklusive Champions-League-Aus zurückgemeldet hat, aber auf jeden Fall. Die Last-Minute-Giganten sind zurück!
Völlig losgelöst war Bayer-Coach Alonso nach dem Siegtreffer von Patrik Schick in der vierten Minute der Nachspielzeit am Sonntagabend zu seinem Stürmer gerannt. Bayern-Trainer Kompany hatte beim 3:1 der Münchner zwei Wochen zuvor einen ähnlichen Sprint an der Stuttgarter Seitenlinie hingelegt. Sind es Szenen mit Symbolcharakter? Die Bayern schienen enteilt. Doch Leverkusen bläst zur Aufholjagd. Sechs Punkte liegt der Meister in der Fußball-Bundesliga noch hinter dem Rekordmeister. Wird's an der Spitze noch mal spannend?
„Vollgas“-Ansage vor dem Endspurt
„Vollgas“ geben und auf die Bayern „so viel Druck wie möglich machen“ wolle man in den acht verbleibenden Liga-Partien nach der Länderspielpause, sagte Alonso. Man wolle im Saisonendspurt „aus allen Situationen das Bestmögliche herausholen, den Pokal und in der Bundesliga jedes Spiel gewinnen“, meinte Defensiv-Allrounder Robert Andrich, ehe er sich zur Nationalmannschaft verabschiedete. „Ob Bayern uns die Chancen noch gibt, werden wir sehen.“
Zumindest ist das Gefühl, mit dem der 30-Jährige den Kollegen aus Stuttgart und München im Kreis der DFB-Auswahl nun begegnet, wieder ein ganz anderes als noch vor ein paar Tagen. Den einen oder anderen kleinen Spruch werde es sicher geben, kündigte Andrich mit einem breiten Grinsen an.
Starke Reaktion auf Reihe der Rückschläge
Der Sieg beim VfB - er war Balsam für die Bayer-Seele. Die späten Tore, mit denen die Leverkusener den zwischenzeitlichen 1:3-Rückstand inklusive eines äußerst unglücklichen Eigentors von Mittelfeldchef Granit Xhaka letztlich noch komplett drehten, erinnerten an ihre großen Comeback-Qualitäten aus der vergangenen Saison. Die Double-Gewinner als Mentalitätsmonster. Und das nach dem so ernüchternden Aus gegen die Bayern in der Königsklasse.
„Die Luft ist nicht raus“, sagte Verteidiger Jonathan Tah nach dem Sieg in Stuttgart. Im Gegenteil: Bayer hat eine Reaktion gezeigt, die das Potenzial zur Initialzündung hat. Die braucht es auch, wenn die Leverkusener das Titelrennen in der Bundesliga noch mal anheizen wollen. Und weitere Patzer der Bayern, die immerhin schon zum zweiten Mal nacheinander Punkte liegen gelassen haben.
Brachialer Boniface statt filigranem Wirtz
In Stuttgart sah es zunächst so aus, als könne Bayer den verletzungsbedingten Ausfall seines Offensivstars Florian Wirtz nicht kompensieren. Die Kreativität, die besonderen Momente des 21-Jährigen - sie fehlten der Werkself spürbar.
Statt auf spielerischen Glanz setzte Alonso nach der Pause notgedrungen dann eben auf körperliche Wucht - und das zahlte sich aus. Die Einwechslung von Victor Boniface als zweitem Stürmer belebte die Offensive. Einen Schuss des Angreifers lenkte Stuttgarts Angelo Stiller (88.) ins eigene Tor ab, kurz danach traf auch noch Schick. Spät zuzuschlagen, war vorige Saison mit die größte Stärke der Leverkusener. Werden sie nun wieder zu Crunchtime-Spezialisten?
„Wir sind sehr, sehr froh“, sagte Andrich nach dem nächsten von mittlerweile so vielen Spektakeln gegen Stuttgart. Am 28. März geht's gegen den VfL Bochum in der Liga weiter. Und in dieser Form ist mit den zwischenzeitlich entzauberten Leverkusenern bei der Titeljagd wieder zu rechnen.