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Öffentlicher Nahverkehr Landräte wollen Bahnstrecke im Norden Brandenburgs erhalten

Zwei Brandenburger Landkreise machen Druck: Die Bahnstrecke von Neustadt (Dosse) über Pritzwalk nach Mecklenburg soll erhalten bleiben. Dazu haben sie ein Gutachten vorgestellt.

Von dpa Aktualisiert: 11.10.2024, 16:20
Ein Schienenbus der Linie RB73 der Hanseatischen Eisenbahn GmbH (Hans) fährt in Richtung des Bahnhofs. (Archivbild)
Ein Schienenbus der Linie RB73 der Hanseatischen Eisenbahn GmbH (Hans) fährt in Richtung des Bahnhofs. (Archivbild) Soeren Stache/dpa

Pritzwalk - Zwei Landkreise im Norden Brandenburgs wollen die Bahnstrecke von Neustadt (Dosse) über Meyenburg Richtung Mecklenburg erhalten und ausbauen. Dazu haben die Landräte aus Prignitz und Ostprignitz-Ruppin, Christian Müller und Ralf Reinhardt (beide SPD) in Pritzwalk eine Machbarkeitsstudie vorgestellt. Laut der Kosten-Nutzen-Untersuchung könnte die Strecke über Kyritz, Pritzwalk, Meyenburg und Karow bis nach Rostock wirtschaftlich betrieben werden.

Die Untersuchung bestätige, dass die Strecke eine wichtige Verbindung für den ländlichen Raum sei und erhalten bleiben müsse, erklärte der Landkreis Prignitz. Damit sei die Strecke aus Sicht der Auftraggeber vom Bund förderfähig. Die Studie wurde von den Brandenburger Landkreisen Prignitz und Ostprignitz-Ruppin sowie den Kreisen Ludwigslust-Parchim, Mecklenburgische Seenplatte und dem Landkreis Rostock in Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegeben.

Constantin Pitzen von der Fahrplangesellschaft B&B aus Oelsnitz (Sachsen) stellte das Konzept mit dem Titel „Karower Kreuz 365+“ vor. Demnach soll der Bahnhof in Karow (Mecklenburg) zu einem Knotenpunkt mit Umsteigemöglichkeiten nach Ludwigslust oder Waren (Müritz) mit entsprechenden Intercity-Anbindungen ausgebaut werden. Die Strecke von Neustadt (Dosse) bis Rostock könnte zudem in den geplanten Deutschlandtakt eingebunden werden. Der Bahnhof Pritzwalk soll dem Konzept zufolge als Knotenpunkt für Busverbindungen in Orte ohne Bahnanschluss dienen.

Mehr Fahrgäste und Touristen erwartet

Die Bahnstrecke könnte laut Pitzen positive Auswirkungen auf den Tourismus haben. Vertreter zweier Beratungs- und Planungsbüros gehen von Gesamtkosten zwischen 167 und 170 Millionen Euro aus - je nachdem, ob Elektro- oder Biodieselzüge auf der Strecke eingesetzt werden. In Mecklenburg müsse die derzeit eingleisige Strecke zwischen Güstrow und Schwaan bei Rostock ausgebaut werden.

Auf der gesamten Fahrtstrecke rechnen sie mit rund 2.800 Fahrgästen pro Tag. Auch die Zubringerstrecken etwa von Ludwigslust oder Waren (Müritz) würden durch die Maßnahme Fahrgäste gewinnen, hieß es. Die Regionalexpress (RE)-Linie 5 zwischen Berlin, Neustrelitz und Rostock sowie der RE 8 zwischen Berlin, Wittenberge und Wismar würden zugleich entlastet.

Laut Landrat Reinhardt ist der Abschnitt zwischen Meyenburg und Güstrow momentan die größte Region ohne Zugang zum System Bahn. „Dabei ist die heute vorgestellte machbare Verbindung ein wichtiges Rückgrat für Wirtschaft, Einheimische und Gäste.“ Eine zweite Achse von Berlin über die Prignitz nach Rostock stabilisiere das Gesamtsystem Bahn.

Reinhardt zufolge soll die Strecke nicht in Neustadt (Dosse) enden, sondern bis nach Berlin weitergeführt werden. Man habe „Glück im Unglück“, weil es sich um betriebsbereite Schieneninfrastruktur und um eine konkurrenzfähige Strecke handle, betonte der Landrat.

Aus Nahverkehrsplan gestrichen

Derzeit verkehrt die Regionalbahn (RB) 73 zwischen Neustadt (Dosse) und Pritzwalk. Hier besteht zeitweilig ein Anschluss an die RB 74 nach Meyenburg. Von dort aus gibt es momentan nur eine Busverbindung zur Mecklenburgischen Seenplatte. Im Entwurf des Brandenburger Nahverkehrsplans im Mai 2022 war die RB 74 nicht mehr vorgesehen, die RB 73 nur noch teilweise. Der Entwurf stieß in der Region auf Proteste. Im selben Jahr einigten sich die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf eine dreijährige Verlängerung bis Ende 2025.

„Der Entfall der RB 73 und 74 würde zu einem erheblichen Verlust der Lebensqualität in der Region führen“, betonte der Prignitzer Landrat Müller. Die ländliche Region dürfe nicht durch solche Entscheidungen abgehängt werden.

Bundesländer erwarten eigenes Gutachten

Betreiber der Strecke ist nach Angaben des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) das private Unternehmen „Regio Infra Nord-Ost“, das zur DESAG-Gruppe gehört. Die Züge der Linien RB 73 und 74 würden von der Hanseatischen Eisenbahn betrieben, die ebenfalls Teil der DESAG-Gruppe sei. Laut VBB lassen die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern derzeit in einem eigenen Gutachten der Gutachterfirma SMA einen Weiterbetrieb der Bahnverbindung prüfen.

Aufbauend auf diesem Gutachten ist laut VBB eine volkswirtschaftliche Bewertung vorgesehen. Nach den Vorgaben des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr soll dabei geprüft werden, ob ein Ausbau oder die Reaktivierung der Strecke aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) förderfähig sei. Diese Bewertung soll den Angaben zufolge in Kürze vorgenommen werden. Anschließend sei eine Vorstellung der Ergebnisse vorgesehen.

Das Wirtschafts- und Infrastrukturministerium Mecklenburg-Vorpommern erklärte, beide Länder hätten sich gemeinsam zum Ziel der Stärkung der Verkehre im ländlichen Raum bekannt. Die Studie soll demnach im ersten Quartal 2025 fertiggestellt und anschließend vorgestellt werden. Erst dann könne eine konkrete Aussage zur Zukunft der Strecke erfolgen, hieß es.