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Bundestagswahl Landeswahlleiter plädiert für Überarbeitung des Wahlrechts

Für die Organisation einer vorgezogener Bundestagswahl bleiben nur 60 Tage Zeit. Das ist nach Überzeugung des Berliner Wahlleiters zu wenig. Er rechnet mit Beschwerden - und Klagen in Karlsruhe.

Von dpa 19.02.2025, 13:12
Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler wünscht sich eine längere Vorbereitungszeit auf vorgezogene Wahlen. (Archivfoto)
Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler wünscht sich eine längere Vorbereitungszeit auf vorgezogene Wahlen. (Archivfoto) Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin - Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler spricht sich für eine Überarbeitung des Wahlrechts in Deutschland aus. „Mit Blick auf die gesetzlich vorgeschriebene 60-Tage-Frist, um eine vorgezogene Neuwahl zu organisieren, sehe ich auf jeden Fall Handlungsbedarf“, sagte der Verwaltungswissenschaftler dem Nachrichtenportal t-online. „Die Zeit für Veränderungen ist reif.“

Durch die 60-Tage-Frist verkürzt sich die Zeit für die Briefwahl von sechs auf nur zwei Wochen. Insbesondere für Wähler im Ausland kann es dadurch knapp werden. Der frühe Wahltermin werde daher sicherlich zu Beschwerden beim Wahlausschuss des Deutschen Bundestages führen und später wohl auch beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe landen, sagte Bröchler.

Landeswahlleiter fordert mehr Zeit für die Vorbereitung

Er hält deshalb eine längere Vorbereitungszeit auf vorgezogene Landtags- oder Bundestagswahlen für sinnvoll. „Ich bin für eine 90-Tage-Regelung“, so der Experte. „Die Politik möchte natürlich lieber früher als später zu stabilen Mehrheitsverhältnissen zurück. Das Argument kann ich nachvollziehen. Aus der Perspektive der Wahlorganisation lohnt es sich aber sehr, darüber nachzudenken, von diesen 60 Tagen wegzukommen.“

Es sei interessant, sich anzuschauen, wo diese 60-Tage-Frist herkomme: „Da landet man nicht etwa in der Weimarer Republik, sondern noch viel früher, im Kaiserreich, bei der Reichsverfassung aus dem Jahr 1871“, erklärte er. „Zu dieser Zeit gab es weder eine Briefwahl noch ein Frauenwahlrecht. Das Elektorat, also die Zahl der Wahlberechtigten, war viel kleiner, als es heute der Fall ist. Wir arbeiten also hier mit einer Regelung von vorgestern.“

E-Voting ist aus Sicht des Experten noch nicht die Lösung

Die Möglichkeit für eine digitale Stimmabgabe zu schaffen, hält Bröchler aber nicht für die Lösung der Probleme. Die Sicherheit einer Wahl sei das alles Entscheidende. „Und dieses Problem ist beim E-Voting bei Weitem noch nicht gelöst“, warnte der Landeswahlleiter. 

„Weil zwischen Stimmabgabe und Registrierung meiner Stimme ein Algorithmus steht. Der rechnet die Entscheidung, die ich getroffen habe, in eine Stimme für diejenige Partei um, die ich auch tatsächlich gewählt habe“, erklärte Bröchler. 

„Diese Software ist nach wie vor angreifbar. Aber wenn dieses Problem gelöst ist, spricht nichts dagegen, die entsprechende digitale Infrastruktur für eine Wahl zu schaffen. Die gibt es bei uns ja noch gar nicht.“