Kurzporträt Kurzporträt: Bernd Jürgen Brandes - Das Kannibalen-Opfer
Kassel/dpa. - Das Opfer des «Kannibalen von Rotenburg» willigt freiwillig in seine eigene Tötung ein. Als der 43 Jahre alte Berliner Ingenieur am Tatabend im März 2001 nicht nach Hause kommt, hat dessen Lebensgefährte keine Ahnung von seinem Verbleib. Während der Ingenieur einen arbeitsreichen Tag im Büro vortäuscht, begibt er sich auf seine letzte Fahrt ins Kannibalen-Haus. Bis zur Aufdeckung des Kannibalismus-Falles im Dezember 2002 bleiben alle Nachforschungen nach dem Verbleib des Vermissten vollkommen ergebnislos.
Das Opfer wächst als Sohn eines Arztehepaars in Berlin auf, studiert dort Elektrotechnik und arbeitet später als Ingenieur bei einem großen Kommunikationskonzern. Auch im Privaten verläuft der Lebenslauf geradlinig: Auf wechselnde Beziehungen in der Studentenzeit folgen längere Partnerschaften, mehrfach zieht der Ingenieur auch mit einer Frau zusammen. Schließlich erkennt er seine homosexuellen Neigungen und wendet sich Männern zu, sucht dort feste Kontakte. Im Kollegenkreis ist er derweil als «feiner Kerl» beliebt.
Auch von engsten Bekannten unbemerkt sucht der Ingenieur sexuelle Abenteuer im Stricher-Milieu. Dabei will er, dass ihm Schmerzen zugefügt werden und bietet schließlich sein ganzes Hab und Gut, um entmannt zu werden. Seit seiner Jugend leidet er nach Expertendarstellung unter sexuellem Masochismus. Er ist davon besessen, sich das Geschlechtsteil abtrennen zu lassen. Damit will er den Experten zufolge seine vermeintliche Mitschuld am Tod der Mutter abtragen. Deren Selbstmord verschwieg der Vater dem damals kleinen Kind und sprach immer nur von einem Autounfall.