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Kriminalität Kriminalität: Staatsanwalt hält nichts von der Justizirrtum-Theorie

Von Wolfgang Janisch 30.05.2005, 12:50
Harry W. (l.) und sein Rechtsanwalt Hubert Gorka (r.) sitzen am Montag (30. Mai 2005) im Gerichtssaal im Landgericht Mannheim. (Foto: dpa)
Harry W. (l.) und sein Rechtsanwalt Hubert Gorka (r.) sitzen am Montag (30. Mai 2005) im Gerichtssaal im Landgericht Mannheim. (Foto: dpa) dpa

Mannheim/dpa. - Das Landgericht Karlsruhe hatte in einem Indizienprozess imJanuar 1998 gegen den Mann aus Birkenfeld bei Pforzheim elf JahreHaft verhängt. Nachdem Zweifel an dem Urteil aufgetaucht waren, hatteder Anwalt von Wörz eine Neuauflage des Prozesses durchgesetzt.

Zum Auftakt des bis Mitte Juli terminierten Verfahrens hat dieStaatsanwaltschaft Mannheim an ihren Vorwürfen festgehalten. NachÜberzeugung der Ankläger hat Wörz versucht, seine damals von ihmgetrennt lebende Frau zu töten. Das Opfer ist seither schwerstgehirngeschädigt und nicht mehr aussagefähig. Wörz hat vier Jahre undsieben Monate in Haft gesessen und ist seit Ende 2001 auf freiem Fuß.

In einer zeitweise quälenden Aussage voller Details beteuerte dersichtlich nervöse Angeklagte erneut seine Unschuld. In der fraglichenNacht sei er nicht in der Wohnung der Frau, sondern zu Hause gewesen.Sein Verhältnis zu ihr - sie hatte sich im Jahr vor der Tat von ihmgetrennt - beschrieb er als gut, auch wenn es Reibereien um seinenKontakt zum gemeinsamen Sohn gegeben habe.

Das Wiederaufnahmeverfahren war durch ein Urteil einer Zivilkammerdes Karlsruher Landgerichts im Jahr 2001 in Gang gekommen, das ineinem Schmerzensgeldprozess die Schuld von Wörz für nicht nachweisbargehalten hatte. Das Gericht hatte damals die Ermittlungen derPforzheimer Polizei kritisiert, weil sowohl der zeitweise verdächtigeGeliebte des Opfers als auch ihr Vater - er war zur Tatzeit im Hausdes Opfers - der Pforzheimer Polizei angehörten. Nach zweimaligerAblehnung durch das Mannheimer Landgericht ordnete dasOberlandesgericht Karlsruhe vergangenes Jahr eine Neuauflage desVerfahrens an.

Mit hartnäckigen Nachfragen versuchte das Gericht, Einzelheitender Tat aufzuklären - etwa die für die Verurteilung mitentscheidendeFrage, ob Wörz noch einen Schlüssel zum Anwesen hatte. Er bestrittdas, da er den Schlüssel Ende 1994 zurückgegeben habe. Auf ein späterwiderrufenes Geständnis angesprochen, das er kurz nach der Tatabgelegt haben soll, erhob Wörz Vorwürfe gegen die PforzheimerPolizei: Die Beamten hätten gedroht, er werde im Gefängnis keinenBesuch mehr bekommen, wenn er die Tat nicht zugebe. Daraufhin habe erwahrheitswidrig gesagt: «Ich war alles, ohne Wenn und Aber.»