Schiffbau Kreuzfahrtschiff „Disney Adventure“ verlässt Schiffbauhalle
„Global Dream“ sollte der Name des ersten Schiffes einer Serie riesiger Kreuzfahrtschiffe aus Wismar lauten. Corona machte das Projekt zum Alptraum. Nun steht der Kreuzliner vor der Fertigstellung.

Wismar - Schon zum Baustart 2018 sorgte das Schiff für Schlagzeilen. 342 Meter lang, 46 Meter breit, 20 Decks - mit diesen Ausmaßen sollte sich die in Rostock und Wismar gebaute „Global One“ (später „Global Dream“) in die illustre Reihe der weltweit größten Kreuzfahrtschiffe einreihen. In den Kabinen sollten insgesamt bis 9.500 Passagiere Platz finden, die Crew etwa 2.000 Mitglieder zählen.
Doch statt, wie geplant, 2021 in Südostasien auf Jungfernfahrt zu gehen, steht der Meeresgigant nun erst vier Jahre später kurz vor der Fertigstellung - unter neuem Eigner und mit neuem Namen. Am Samstag dockte das Kreuzfahrtschiff „Disney Adventure“ aus.
Für wen sollte das Schiff fahren?
Auftraggeber war ursprünglich Genting Hongkong, ein asiatischer Multikonzern, der insbesondere im Tourismus und im Glücksspiel aktiv war und in Mecklenburg-Vorpommern neue Schiffe für die auch in Asien boomende Kreuzschiffahrt bauen lassen wollte. Dafür hatte das Unternehmen 2016 die drei MV-Werften in Wismar, Rostock und Stralsund für etwa 230 Millionen Euro gekauft.
Etwa 3,5 Milliarden Euro plante der Konzern nach eigenen Angaben für die Ertüchtigung der Werft und den Bau von Kreuzfahrtschiffen unterschiedlichster Preisklassen ein. Weitere Aufträge sollten folgen. Die „Global One“, deren Montage 2019 in Wismar begann, sollte den Beginn einer ganzen Serie von Genting-Kreuzfahrtschiffen der sogenannten „Global“-Klasse markieren. Segmente für ein zweites Schiff wurden bereits gefertigt. Nach mehreren Werftenpleiten schien der Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern auf Jahrzehnte hin ausgesorgt zu haben.
Was kam dazwischen?
Durch die massiven Reisebeschränkungen während der Corona-Krise kamen auch Kreuzfahrten zum Erliegen. Damit geriet der Mutterkonzern Genting in finanzielle Schieflage und 2022 schließlich in Insolvenz. Weil das Geld aus Fernost ausblieb, ging auch der MV-Werften-Verbund pleite. Die Arbeiten an der „Global One“, die den damaligen Angaben zufolge zu fast drei Vierteln fertiggestellt war, wurden eingestellt, die mehr als 3.000 Schiffbauer der Werftengruppe kurz darauf arbeitslos.
Was passierte mit dem Schiff?
Nach längerer Suche gelang es dem Insolvenzverwalter, dem Vernehmen nach unter Vermittlung der im Kreuzschifffahrtsbau versierten Meyer-Werft im niedersächsischen Papenburg, einen Interessenten für den Schiffsrohbau zu finden, die Disney Cruise Line, ein Tochterunternehmen der US-amerikanischen Walt Disney Company.
Disney übernahm das Schiff Ende 2022 aus der Konkursmasse für einen Bruchteil der veranschlagten Baukosten von mehr als einer Milliarde Euro. Unbestätigten Informationen zufolge zahlte der neue Eigner 40 Millionen Euro, investierte aber ein Vielfaches in den Umbau. Statt 9.500 sollen nun noch etwa 6.000 Passagiere an Bord Platz finden.
Wer führte die Arbeiten am Schiff fort?
Umbau und Fertigstellung des Schiffes übernahm die Meyer-Werft, die dafür Schiffbauer der früheren MV-Werften einstellte und so vor der Arbeitslosigkeit bewahrte. Zwischen 400 und 600 Werftarbeiter sollen davon profitiert haben. Hinzu kamen mehrere Hundert Mitarbeiter von Dienstleistern und Zulieferern.
Wie geht es nun weiter?
Voraussichtlich am Samstag wird die „Disney Adventure“ aus dem gefluteten Trockendock herausbugsiert. Danach soll das Schiff am angrenzenden Ausrüstungskai für die restlichen Arbeiten festmachen. Diese sollen im Verlaufe des Jahres abgeschlossen werden und auch Testfahrten stattfinden. Spätestens zum Ende des Jahres soll das Schiff früheren Angaben zufolge dann in Dienst gestellt, Heimathafen zunächst bis 2030 Singapur werden.
Was passiert dann mit den Schiffbauern in Wismar?
Viele der Werftarbeiter sollen künftig beim Bau von Militärschiffen in Wismar eine neue Beschäftigung finden. Mitte 2022 hatte das Kieler Rüstungsunternehmen Thyssenkrupp-Marine-Systems (TKMS) die Werft übernommen und so seine Produktionskapazitäten erweitert. Der Schiff- und U-Boot-Bauer bereitet derzeit erforderliche Umbauten in Wismar vor. Als Erstes soll aber mit dem Bau eines Schiffes für die deutsche und internationale Arktisforschung begonnen werden, der neuen „Polarstern“.