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Kinderschänder Kinderschänder: Kleinstadt steht unter Schock

Von HARALD BISKUP 07.08.2009, 15:01
An dem Wohnhaus des mutmaßlichen Kinderschänders in Mayen im Ortsteil Betzing sind am Freitag die Rolläden heruntergelassen. Der 37-jährige Mann soll mehrere Jungen schwer missbraucht haben. (FOTO: DPA)
An dem Wohnhaus des mutmaßlichen Kinderschänders in Mayen im Ortsteil Betzing sind am Freitag die Rolläden heruntergelassen. Der 37-jährige Mann soll mehrere Jungen schwer missbraucht haben. (FOTO: DPA) dpa

MAYEN/KAISERSESCH/MZ. - "Der hat denDruck nicht mehr ausgehalten, weil er wusste,dass er sich nicht lange verbergen kann. DieRunde am Tresen der Innenstadtkneipe "Vis-a-vis"in der Eifelstadt Mayen findet es nicht erstaunlich,dass Christoph K., der mutmaßliche Kinderschänder,sich den Behörden gestellt hat. "Der war hierbekannt wie ein bunter Hund, trug sein Egoregelrecht vor sich her."

Offenbar ist dem 37-Jährigen sein Hang zurSelbstdarstellung jetzt zum Verhängnis geworden.Das Klischee vom zurückgezogen lebenden pädophilenSonderling trifft auf K. nach allem, was manan diesem heißen Hochsommertag über ihn hörenkann, nicht zu. "Der konnte gut mit Kindern,das war all gemein bekannt. Aber wer denktdenn an so etwas?" fragt der Wirt im geringeltenPolohemd. Auch er ist geschockt. "Der Christoph",sagt er, "war ein phantastischer Nikolaus.Den konnte man als Weihnachtsmann mieten."

Bei der Staatsanwaltschaft Gießen heißt esam Freitag, es sei momentan nicht auszuschließen,dass es noch mehr Opfer gibt. Gegen den 37-Jährigenwurde derweil im bayerischen Kempten Haftbefehlerlassen. Er lautet auf "schwere sexuelleNötigung von Kindern" und "Verbreitung vonkinderpornografischen Schriften". In verschiedenenZimmern hatte K. Jungen missbraucht und stelltedie Sex-Videos dann ins Internet. Vor allem2006 sollen die Filme gedreht worden sein- die Opfer müssten demnach heute zwischenacht und zehn Jahren alt sein.

Die dunklen Seiten im Leben des ChristophK. scheinen nicht zu dem Bild passen, dassder engagierte Jugendbetreuer überall hinterlassenhat, als Sportwart des Landessportbunds Rheinland-Pfalz,im Mayener Feuerwehr-Spielmannszug und vorallem beim Turn- und Sportverein im 20 Kilometerentfernten Kaisersesch. Gut die Hälfte der1100 Mitglieder dort sind Kinder und Jugendliche.

"Die Nachricht", sagt Vorsitzender DietmarLarm, "hat uns wie eine Keule getroffen."In der Nacht war er mit Frau Karin und denEnkeln Antonia (7) und Marvin (8) vom Ostseeurlaubzurückgekehrt. Marvin wohnt in einem Nachbarort,sonst hätte er womöglich auch zu den Schutzbefohlenenvon Christoph K. in der Turnabteilung gehört.Er war für die Sechs- bis Zehnjährigen zuständig.

Der Christoph war unheimlich beliebt, nichtnur bei den Kindern, auch die Eltern hättengroße Stücke auf ihn gesetzt und es außerordentlichbedauert, als er im vergangenen September,angeblich wegen beruflicher Überlastung, seinenJob quittierte. Vereinsvorsitzender Larm (68)hatte nie "den geringsten Anlass" zu der Vermutung,dass K. pädophile Neigungen haben könnte.Weder auf dem Vereinsgelände noch bei auswärtigenVeranstaltungen habe der Mann Gelegenheitgehabt, mit einzelnen Kindern allein zu sein.Da waren immer Eltern oder andere Betreuerdabei.

Beim TuS Kaisersesch geht man davon aus, dassdie missbrauchten Kinder nicht aus den Reihendes Sportklubs kommen. Das wäre eine furchtbareBelastung, und die Unruhe bei manchen Elternist groß", sagt der zweite Vorsitzende GerdMichaely.

Die Talstraße im Mayener Stadtteil Hausen-Betzingist im vorderen Teil, wo der 37-Jährige biszu seinem Wegzug nach Bayern gewohnte hat,ein typisches Neubaugebiet mit Ein- und Zweifamilienhäusern.Kurz vor der Wende, erzählt Nachbar ErwinK., sei Christoph K. mit seiner Mutter ausdem sächsischen Wurzen in die Eifel gekommen.Sein verstorbener Stiefvater, der zu dieserZeit schon in Mayen wohnte, stamme ebenfallsaus der DDR. Die Lehre habe K. in einer Autowerkstattabsolviert. Irgendwann habe er eine Kneipeim Nachbarort Hambuch aufgemacht. Zwischendurchsoll er immer wieder, wie auch nach seinemUmzug ins Allgäu im vergangenen Herbst, alsAushilfskellner gearbeitet haben. Offiziellwar am Freitag zu hören, K. habe zeitweise beider Stadtverwaltung im Moselstädtchen Cochemgearbeitet, "als Politesse".

Für das Privatleben von K. hat man sich imVerein nie sonderlich interessiert. Dass ermit Ende 30 noch bei seiner kranken Mutterwohnte, hat niemanden misstrauisch gemacht.