Kaiserslautern Kaiserslautern: Rocker-Mordprozess hat begonnen

Kaiserslautern/ddp. - Mehrere Hundertschaften Polizeibeamtesicherten das Gerichtsgebäude, in dessen Nähe sich rund 1000Mitglieder der «Hells Angels» und der rivalisierenden «Outlaws» -einige von ihnen sogar aus Nachbarländern wie Luxemburg und Belgien -versammelt hatten.
Mit einer guten halben Stunde Verspätung begann der Prozess gegenden 42-jährigen Marcus S. und den 28-jährigen Danny A. Sie sollen inder Nacht zum 27. Juni gemeinsam mit einem dritten, noch flüchtigen27-jährigen «Hells Angel» den Regional-Präsidenten der «Outlaws»ermordet haben.
Es kam jedoch nicht einmal zu einer Anklageverlesung: Danny A.sVerteidiger brachten einen Besetzungseinwand gegen eine BeisitzendeRichterin ein und erklärten ausführlich, warum die 4. Kammer fürSchwurgerichtssachen, der die Richterin angehört, für den Fall nichtzuständig sei. Außerdem sei sie noch in der Probezeit, während ihrPlatz von einem Berufsrichter auf Lebenszeit besetzt werden müsse.
Die Zuschauer, aufgeteilt in zwei Blöcke nach «Hells Angels» und«Outlaws», langweilten sich unterdessen hörbar. Als der VorsitzendeRichter Rupert Stelin den Verteidiger von Marcus S. aufrief undfragte, ob er sich äußern wolle, wurden Schimpfworte aus den Reihender «Hells Angels» gerufen. Marcus S. ist der einzige, der bisherausgesagt hat und sich auch mittlerweile im Zeugenschutzprogrammbefindet. Alle Anwälte der Verteidigung wollten sich nicht äußern.
Das Motiv für den Mord, so der Stand der Ermittlungen, waroffenbar ein Streit wegen einer sogenannten Gebietsübertretung: EineWoche vor der Tat fuhr Marcus S. demnach mit seinem Motorrad nach BadKreuznach und betrat dort mit seiner «Hells Angels»-Kleidung eine von«Outlaws»-Mitgliedern besuchte Kneipe. Daraufhin wurde er von einigen«Outlaws» verprügelt. Um sich dafür zu rächen, drängten er und seinemutmaßlichen Komplizen einige Tage später den 45-jährigen«Outlaws»-Präsidenten Dirk O. mit seinem Motorrad nachts von einerLandstraße in der Pfalz.
Marcus S. hatte nach seiner Verhaftung ausgesagt, es seieigentlich nur geplant gewesen, einem zufällig ausgewählten «Outlaws»das zurückzuzahlen, was ihm selbst passiert sei. Seine beidenjüngeren Kumpane traktierten Dirk O. aber mit einemTeleskopschlagstock und einem Messer so sehr, dass dieser später inder Nacht im Krankenhaus starb. Als Dirk O. außer Gefecht gesetztwar, stahlen die Angreifer ihm außerdem seine mit Clubabzeichenbestickte Lederweste, die «Kutte», als Trophäe.
Der zweite Prozesstag ist nun für den 7. Januar angesetzt, dannwird die Strafkammer zuerst einmal entscheiden, ob derBesetzungseinwand gerechtfertigt ist. Danach soll zweimal die Wocheverhandelt werden. Insgesamt 80 Zeugen und zwei Gutachter sind fürdie Hauptverhandlung geladen, ein Urteil wird frühestens Ende Märzerwartet.
Nach Angaben des Gerichtssprechers werden die erhöhtenSicherheitsmaßnahmen im Gericht durchgehend bestehen bleiben. Für denersten Prozesstag waren schon am Montagabend die erstenPolizeibeamten rund um den Hauptbahnhof im Einsatz gewesen. Der kurzeWeg vom Bahnhof zum Gerichtsgebäude wurde großräumig mit Barrierenversperrt, durch die Kontrollpunkte kam vorerst keiner, der nicht imJustizgebäude arbeitet.
Die wenigen Zuschauer, die zugelassen wurden, warteten von derPolizei streng bewacht in einer Schlange an einer Absperrung imRegen, während im Inneren des Gebäudes ein Beamter den Sitzungssaalvon einem Sprengstoffhund durchsuchen ließ.
Bei Kontrollen in der Stadt konfiszierten die Beamten rund 40 alsgefährlich eingestufte Gegenstände wie Messer oder Tränengas.