Japan Japan: Nach Erdbeben und Tsunami Angst vor Atomkatastrophe

Tokio/dapd. - Japan in Angst: Nach einer massiven Explosion imKernkraftwerk Fukushima fürchtet das Land nach dem schwerstenErdbeben seiner Geschichte eine Atomkatastrophe. Das volle Ausmaßder Zerstörung nach dem verheerenden Beben und dem anschließendenTsunami war am Samstag noch unklar. Die Behörden gehen inzwischenvon deutlich mehr als 1.000 Opfern aus, fast 10.000 Menschen werdenvermisst.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, für Deutschland bestehekeine Gefahr. Nach einem Krisentreffen mit den zuständigen Ministernkündigte sie indes sicherheitshalber eine Überprüfung der deutschenAtommeiler an. Die internationale Katastrophenhilfe lief an, auchExperten des Technischen Hilfswerks (THW) trafen in Japan ein.
Zwtl: Kernschmelze umstritten
Nach der Explosion in Fukushima hing eine Rauchwolke über derAnlage, Fernsehbilder zeigten eingestürzte Wände desReaktorgebäudes. Nach Angaben des Betreibers wurden vier Arbeiterverletzt. Ein Behördenvertreter in Fukushima bestätigte, dass dreievakuierte Anwohner des Kraftwerks verstrahlt wurden. Sie zeigtenaber keine Krankheitssymptome.
Die ARD berichtete unter Berufung auf die japanische Behörde fürNuklearsicherheit, es habe eine Kernschmelze in dem Werk gegeben.Eine unabhängige Bestätigung gab es dafür aber bislang nicht. Denjapanischen Behörden zufolge war der Grund für die Explosion eineReaktion von Wasserstoff und Sauerstoff außerhalb des Reaktors. DerWasserstoff sei entstanden, als die überhitzten Brennstäbe mitWasser in Kontakt gekommen seien, das zur Kühlung eingeleitet wordensei.
Zwtl: Evakuierungszone erweitert
Die Behörden erweiterten den Evakuierungsradius um Fukushima vonzehn auf 20 Kilometer. Bereits zuvor waren mehr als 50.000 Menschenaus dem näheren Umkreis in Sicherheit gebracht worden. Laut derInternationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sollten an die Anwohnerauch Jodtabletten verteilt werden, die die Auswirkungen radioaktiverStrahlung abfangen sollen.
Unklar ist, ob und wie viel Radioaktivität ausgetreten ist. NachRegierungsangaben ist keine erhöhte Strahlung im Umfeld desReaktorgebäudes nachweisbar. Das Stahlgehäuse, das den Reaktorschütze, sei beim Einsturz der umgebenden Wände nicht beschädigtworden, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Der nach dem Ausfalldes Kühlsystems zuletzt stark gestiegene Druck im Reaktor nehmezudem wieder ab.
Dagegen berichtet der japanische Fernsehsender NHK auf seinerInternetseite, in der Nähe des Blocks 1 von Fukushima seien amSamstag 1.015 Mikrosievert pro Stunde gemessen worden. DieseStrahlendosis sei doppelt so hoch wie der Grenzwert fürmeldepflichtige Notfälle. Betroffen von dem Ausfall der Kühlanlagewar auch ein zweiter Reaktor der Anlage Fukushima-Daiichi, die ausinsgesamt sechs Meilern besteht. Probleme gab es auch in derbenachbarten Anlage Fukushima-Daini. Die Regierung verhängte denatomaren Notstand.
Zwtl: Weitere schwere Nachbeben
Die Zahl der Toten stieg weiter. Die Behörden bestätigtenoffiziell 574 Tote, japanische Medien berichteten jedoch vonmindestens 1.300 Opfern. Edano sagte, derzeit gehe man von mehr als1.000 Toten aus, doch «im schlimmsten Fall könnte das tatsächlicheAusmaß noch weit über diese Zahl hinausgehen».
Mehr als 1.100 Menschen wurden verletzt, 586 weitere geltenoffiziell als vermisst, Medien berichten jedoch von allein 9.500Vermissten in der Küstenstadt Sendai. Eine unbekannte Zahl vonOpfern ist vermutlich unter Gebäudetrümmern verschüttet.Rettungskräften gelang es noch nicht, in die am schwerstenbetroffenen Gebiete vorzudringen. Mehr als 215.000 Menschen sindderzeit in 1.350 Notunterkünften untergebracht.
Am Samstagmittag gab es ein Nachbeben der Stärke 6,8, dessenEpizentrum in der gleichen Gegend lag wie das gigantische Beben von8,9 am Vortag. Ob es dabei zu weiteren Schäden kam, wurde nichtbekannt. Für Rettungseinsätze wurden 50.000 Soldaten in dieKatastrophenregion entsandt, wie Ministerpräsident Naoto Kanerklärte. Außerdem seien 190 Militärflugzeuge sowie 25 Schiffe indie von dem Erdbeben betroffenen Gebiete unterwegs. «Die meistenHäuser an der Küstenlinie sind weggespült worden», sagte Kan.
Zahlreiche Staaten sagten Japan Hilfe zu. Die USA haben bereitseinen Flugzeugträger in Japan, ein zweiter ist unterwegs. Auch vierHelfer des THW trafen in Tokio ein, um die Lage zu erkunden, wie einSprecher der Organisation auf dapd-Anfrage sagte.
