Familie Familie: Stress mit den Schwiegereltern

Augsburg/Hamburg/dpa. - Manche gewinnen mit dem Partner gleich einen ganzen Freundeskreis hinzu - in Gestalt der warmherzigen Schwestern, Brüder oder Eltern des neuen Lebensgefährten. In anderen Fällen kommen aus den Reihen der lieben Verwandtschaft ständig Sticheleien und unerwünschte Einmischungen - mit fatalen Folgen für das eigene Liebesglück: Eine Studie des Instituts für rationelle Psychologie im Auftrag der in München erscheinenden Zeitschrift «Freundin» kam sogar zu dem Ergebnis, dass hinter jeder vierten gescheiterten Partnerschaft Mobbing durch Familienangehörige steht.
Laut Elisabeth Schaipp, in Augsburg Therapeutin bei der Familienberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt, gibt es verschiedene typische Konfliktfelder: Viele Frauen ärgern sich über die tatsächliche oder eingebildete Einmischung der Schwiegereltern in die Kindererziehung. Andere führen ungeliebte Eigenschaften des Partners oder der Kinder auf den negativen Einfluss der Schwiegereltern zurück. Auch kommt es in machen Partnerschaften zur Konkurrenz über die Frage, wessen Familie denn die bessere sei. Und natürlich können manche Frauen es den Schwiegereltern ihres Partners einfach nicht recht machen, so sehr sie sich auch bemühen.
Dabei sind die Motive der Konfliktbeteiligten nicht immer leicht zu erkennen. Die sprichwörtliche «böse Schwiegermutter» beispielsweise treibt oft Neid auf die Jüngere um, hat Familientherapeutin Ina Wolf aus Hamburg beobachtet. Manchmal gönne sie es der jungen Frau schlicht nicht, dass deren Mann wirklich im Haushalt mithilft oder dass diese es schafft, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. «Wenn die Schwiegermutter mit alten Werten und Kränkungen kommt nach dem Motto "Stell Dich nicht so an! Ich hatte nie eine Waschmaschine", dann will sie eigentlich etwas ganz anderes ausdrücken», sagt Wolf. Gerade die Nachkriegsgeneration sei oft in ärmlichen Verhältnissen, ohne positive Modelle von Familien aufgewachsen und habe deshalb auf starre Regeln zurückgegriffen. «Früher definierte sich die Hausfrau über die Sauberkeit, heute eher über Kind und Beruf und Ansprüche an die Erziehung.»
Mischt sich die Schwiegermutter ständig in das Familienleben ein, ist es nach Ansicht von Ina Wolf wichtig, dass der Partner Grenzen setzt. Er sollte deutlich für seine Liebesbeziehung und seine junge Familie Partei ergreifen und sich keinesfalls auf eine neutrale Vermittlerposition zwischen Ehefrau und Schwiegermutter zurückziehen. «Es muss klar gemacht werden, dass jede Familie ein eigenes System ist.»
Doch manchmal fällt dem Partner eine klare Haltung schwer, nicht selten empfindet er die Einmischung der eigenen Eltern auch gar nicht als besonders störend. In solchen Fällen sollten Frauen nicht in der Rolle des Opfer verharren. Familientherapeutin Schaipp empfiehlt Betroffenen, sich Rat bei Freunden zu holen oder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese wird beispielsweise bei kommunalen Familienberatungsstellen häufig kostenlos gewährt. Oft helfe es schon, sich für die Stunden nach einem voraussichtlich unangenehmen Familienbesuch etwas besonders Schönes vorzunehmen, auf das man sich freuen kann.
Nach Ansicht der Berliner Paar- und Familientherapeutin Gabi Baer ist die Unfähigkeit vieler Familienmitglieder, Konflikte überhaupt anzusprechen, das größte Problem. «Selbst wenn man nur sagt "Ich will da mal was klären" kommt das oft schon komisch an.» Hier gelte es ganz pragmatisch einen lösungsorientierten Kommunikationsstil zu finden, mit dem die eigenen Interessen besser vertreten werden können. Dazu gehört laut Schaipp beispielsweise «zu lernen, wie man Besuchsanfragen ablehnt, ohne dass es beleidigend ist».
Wer nicht mehr richtig schlafen kann, weil er auch nachts in Geanken noch die Kämpfe mit der hartherzigen Schwiegermutter oder der unzugänglichen Schwägerin ausficht, sollte sich professionelle Hilfe suchen, rät Schaipp. Dies gelte auch, wenn andere psychosomatische Beschwerden wie ständige Kopf- oder Bauchschmerzen auftreten oder der Streit mit den Schwiegereltern täglich an Schärfe gewinnt.