Bundestagswahl Experte: Erfolg der Linke setzt sich nicht automatisch fort
Bei der Bundestagswahl landet die Linke in der Hauptstadt überraschend auf Platz eins. Der Berliner Politikwissenschaftler Thorsten Faas findet, die Partei habe im Wahlkampf vieles richtig gemacht.

Berlin - Ob der überraschende Erfolg der Linke in Berlin von Dauer ist, muss sich nach Darstellung des Politikwissenschaftlers Thorsten Faas erst noch zeigen. Die Wahlergebnisse in städtischen, eher jungen Milieus wie in Berlin seien insgesamt sehr instabil, sagte Faas, der an der Freien Universität lehrt, der Deutschen Presse-Agentur. „Bei der Europawahl war die AfD superstark bei jungen Leuten, jetzt ist es die Linke.“
Die Linke kam bei der Bundestagswahl in Berlin auf 19,9 Prozent der Zweitstimmen und lag damit überraschend auf Platz eins. Auch bei den Erststimmen war sie in vier Wahlkreisen erfolgreich.
„Das heißt nicht, dass das die Wahlergebnisse der nächsten zehn Jahre sind. Das kann genauso gut wieder nach unten gehen“, so der Politikwissenschaftler. „Das Abstimmungsverhalten ist auf die jeweilige Wahl bezogen. Das könnte bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl auch ganz anders aussehen.“
Linke konnte mit Positionen zur Migrationspolitik punkten
Die Linke sei nicht mit der Ampel-Regierung verbunden, was für Wähler im progressiven Spektrum ein entscheidender Punkt gewesen sei, sagte Faas zum guten Abschneiden der Partei. „Und noch dazu waren sie die einzige Kraft, die bei der sehr sichtbaren Migrationsdebatte dezidiert andere Positionen vertreten haben als auch SPD und Grüne.“
Außerdem habe die Partei eine klassisch linke Politik vertreten, sowohl gesellschaftspolitisch als auch ökonomisch etwa mit der Forderung, es dürfe keine Milliardäre mehr geben. „Das war sehr konsistent.“ Der Linke sei es gelungen, das auch sehr erfolgreich zu transportieren, nicht nur, aber auch über Social Media.
Der Linke-Bundesvorsitzende Jan van Aken und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek seien bei vielen jungen Menschen echte Superstars. „Die Silberlocken haben andere Segmente der Wählerschaft angesprochen“, sagte Faas mit Blick auf den Wahlkampf der drei gestandenen Linke-Politiker Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch. „Die Kampagne hat tatsächlich funktioniert, weil sie auf mehreren Kanälen passgenau die richtige Ansprache geschafft hat.“