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Carolin Kebekus Carolin Kebekus: Kampf dem Magerwahn

08.07.2014, 13:06
Carolin Kebekus.
Carolin Kebekus. Archiv Lizenz

Köln - Carolin Kebekus schätzt das offene Wort und die deutliche Geste. In einem Musikvideo schleckte sie vor einem Jahr als Nonne verkleidet an einem Kruzifix und sorgte damit für Empörung. Vor einigen Monaten dann hat die Kabarettistin über das Erscheinungsbild ihrer Heimatstadt Köln gelästert und dafür breite Zustimmung geerntet. Der Ebertplatz sei für sie ein Ort, der hässlicher nicht sein könne und der Breslauer Platz gleiche einer Alien-Landestation, sagte sie im Januar im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wirklich befremdlich sei aber, dass der Kölner das mit seiner positiven Grundstimmung einfach so hinnehmen würde. „Ich glaube, dass die Kölner auch dann noch am Rhein sitzen und schöne Lieder über die schöne Stadt singen würden, wenn vorher alle Gebäude in irgendwelche U-Bahn-Baustellen gestürzt wären.“

In ihrer jüngsten Streitschrift hat sich Kebekus dem Schönheits- und Schlankheitswahn gewidmet. Auf Brigitte.de veröffentlichte sie einen Beschwerdebrief, der sich an die „Brigitte“, aber auch an alle anderen Frauenzeitschriften wendet. „Liebe Brigitte, ich hasse Dich“, lauten die ersten Zeilen. "Makellose Frauen mit makellosen Gesichtern strahlen mich von Euren Titelseiten an. Daneben stehen Eure Themen. Am fettesten gedruckt sind immer entweder die Diättipps, oder die Fitnesstipps.“

"Teure Arschcremes"

Genau diese Beiträge seien es, die selbst schlanken Frauen suggerieren würden, sie seien zu fett. „Wie viel Lebenszeit ich schon verschwendet habe, um über meinen Hintern nachzudenken. Denn durch Euch bin ich ja erst darauf gekommen, dass Cellulite scheiße aussieht.“ Dabei sei Cellulite nur eine Frage der Beleuchtung, die beworbene "teure Arschcreme für 80 Euro" daher nutzlos.

Der Druck auf die moderne Frau habe mit Hilfe von Frauenmagazinen bedenkliche Ausmaße angenommen. „Ich muss nicht nur immer geil aussehen und studiert haben, ich muss auch 'ne Firma leiten, ein Haus bauen, meine Eltern pflegen und im Durchschnitt noch 1,3 Kinder bekommen. Wann soll ich das denn alles machen?“

Postnataler Magerwahn

Es folgt die Abrechnung mit dem postnatalen Magerwahn. Eine Geburt müsse heutzutage „im Lunchbreak weggeatmet“ werden und wenige Tage später der makellose Afterbabybody gezeigt werden können. Überhaupt sei dieser Anglizismus für sie das „Hasswort des Jahrtausends“.

Kebekus formuliert mit deutlichen Worten: „Jeden Tag bekommen wir aufs Brot geschmiert, welche Kackstelze, wie viele Minuten nach der Geburt wieder Unterwäsche modelt und in der Bild-Zeitung ihr abgemagertes Sixpack und ihre ausgemergelte Fresse präsentiert.“

Der Spieß müsse umgedreht werden, schreibt die 34-Jährige. Die Frau, die Kinder gebiert, müsse mit mehr Respekt und Hochachtung behandelt werden. „Frauen, die ein Kind gekriegt haben, die haben einen Menschen gemacht! Eigentlich müssten die zu diesen Weibern sagen, kniet nieder ihr Schlampen! Kniet nieder, denn dieser Körper hat Leben erschaffen!“

Kebekus jedenfalls will einen Gegentrend setzen. „Ich starte jetzt den Afterbeerbody. Und da kann einfach jeder mitmachen. Prost!“ (ccp)